Beginn der intensiven Studien

Die Gefährten (Sahaba) des Propheten aus Sicht der Schi'iten und Sunniten

Die wichtigste Sache, die ich als Grundlage aller zur Wahrheit führenden Nachforschungen betrachte, ist die Durchleuchtung der Lebensläufe, Stellungen, Taten und Standpunkte der Sahaba, weil wir durch sie unsere Glaubensinhalte vermittelt bekamen und in Zeiten der Unterdrückung durch sie mit Allahs Gesetzen Erleuchtung fanden. So haben bereits die islamischen Gelehrten – aus Überzeugung – die Sahaba und ihre Lebensläufe gründlich untersucht und zahlreiche Bücher über sie verfasst wie: Usd al-Ghaba fi Tamyiz al-Sahaba, al-Isaba fi Ma‘rifat al-Sahaba, Mizan al-I‘tidal und andere Werke, die sich mit dem Leben der Sahaba, ihrer kritischen Untersuchung und Analyse befassen – aber aus Perspektive der Ahl al-Sunna wa al-Jama‘a.

Dabei gibt es eine Schwierigkeit, die damit zusammenhängt, dass die damaligen Gelehrten überwiegend nur das schrieben, was mit den Ansichten der omayyadischen und abbasidischen Machthaber übereinstimmte, welche für ihre Feindschaft gegen die Familie des Propheten (s.) und allen, die mit ihr sympathisierten und ihnen folgten, bekannt waren. Daher wäre es nicht gerecht, sich ausschließlich auf ihre Aussagen zu verlassen, ohne die Meinungen weiterer Gelehrter hinzu zu nehmen, die von jenen Regimen unterdrückt, vertrieben und getötet wurden, eben weil sie Anhänger der Ahl-ul-Bayt waren und Ausgangspunkt jener Aufstände gegen die tyrannischen und perversen Machthaber.

Bei alledem stellen die Sahaba das grundlegende Problem dar. Sie waren es, die sich darum stritten, ob Rasulullah für sie jenes Schriftstück verfassen sollte, das sie bis zur Letzten Stunde vor dem Fehlgehen bewahren sollte. Und diese ihre Meinungsverschiedenheit war die Ursache dafür, dass der islamischen Gemeinde diese Auszeichnung vergönnt blieb und sie statt dessen in die Irre ging, sich in Gruppen aufspaltete, die ebenfalls untereinander zerstritten sind und zu ihrem Versagen und Untergang geführt haben.

Und die Sahaba waren es, die in Bezug auf das Kalifat uneins waren und eine herrschende und eine oppositionelle Partei bildeten, was der Gemeinde die Rückständigkeit und Aufspaltung in Alis Partei und Muawiyas Partei brachte.

Und die Sahaba waren es auch, die unterschiedliche Meinungen über die Auslegung des Qur'ans und der Traditionen des Gesandten (s.) unterhielten, woraus Dogmen, Sekten, Gruppen und Glaubensrichtungen entstanden. Daraus wiederum gingen verschiedene Lehren und Philosophien hervor, die von gezielten, politischen Abwehrhandlungen zur Strecke gebracht wurden, damit die Obrigkeit ihre begehrte Macht und Regie erlangen konnte.

Nur wegen den Gefährten haben die Muslime sich aufgeteilt. Jeder Widerspruch, der auftrat oder auftritt, ist auf Meinungsverschiedenheiten unter ihnen zurückzuführen. Obwohl sie sich darin einig waren, dass sie ein und denselben Gott haben, ein und denselben Qur'an, ein und denselben Propheten und ein und dieselbe Gebetsrichtung, begannen ihre Meinungsverschiedenheiten im Pavillon der Sippe Banu Sa‘ada am allerersten Tage nach dem Tode des Gesandten (s.) und hält bis heute noch an und wird auch weiterhin andauern. So fand ich während meiner Gespräche mit den schi'itischen Gelehrten heraus, dass sie die Gefährten des Propheten (s.) drei Klassen zuordnen:

Die erste Klasse sind die guten Sahaba, die Allah und Seinen Gesandten (s.) wirklich kannten, ihm bis zum Tode huldigten und ihn mit ehrlichen Worten und aufrichtigen Taten begleiteten, nach ihm nicht Kehrt machten sondern ihrem Eid treu blieben. Dafür lobte Allah sie in Seinem erhabenen Buch viele Male, und auch Allahs Gesandter (s.) lobte sie dafür häufig und oft. Die Schi'iten erwähnen diese Gefährten mit Respekt und Wertschätzung und haben Wohlgefallen an ihnen wie auch die Sunniten mit Respekt und Anerkennung an sie zurückdenken.

Die zweite Klasse bilden die Gefährten, die den Islam annahmen und Rasulullah (s.) folgten – sei es freiwillig oder aus Angst – und ihn manchmal kränkten, sich seinen Anordnungen widersetzten und statt dessen ihre eigenen Ansichten hervorhoben, obwohl sie den Heiligen Schriften widersprachen, bis dass Allah qur'anische Verse herabsandte, mal, um sie zu tadeln, und mal, um sie zu warnen. So stellte Allah sie mehrere Male im Qur'an bloß, und auch Allahs Gesandter (s.) warnte sie in vielen seiner Aussprüche. Deshalb erwähnen die Schi'iten sie nur in Zusammenhang mit ihren Taten und ohne Respekt oder Anerkennung.

Was die dritte Klasse der Sahaba betrifft, so handelt es sich bei ihnen um die Heuchler (Munafiqun), die den Propheten (s.) aus List heraus begleiteten und rein äußerlich Muslime waren, innerlich jedoch dem Unglauben verfallen. Sie schmeichelten sich ein, um gegen den Islam und im Allgemeinen gegen die Muslime Ränke zu schmieden. Darum offenbarte Gott eine ganze Sure über sie und erwähnt sie an mehreren anderen Stellen, wo Er ihnen die tiefsten Abgründe der Hölle verheißt. Auch Allahs Gesandter (s.) warnte vor ihnen und lehrte einigen seiner Gefährten ihre Namen und Merkmale. Sowohl Schi'iten als auch Sunniten sind sich über ihre Verwünschung einig und sprechen sich von ihnen frei.

Dann gibt es da noch eine besondere Klasse, die – wenn sie zu den Sahaba gezählt werden kann – sich durch ihre enge Verwandtschaft mit dem Propheten (s.), moralische und geistige Tugenden und besondere Auszeichnungen durch Allah und Seinen Gesandten (s.) von den anderen abheben, ohne dass ihnen darin irgend jemand gleich stünde. Es handelt sich dabei um die Ahl-ul-Bayt, von denen Allah jegliche Unreinheit entfernt (Sure al-Ahzab (33), Vers 33) und sie absolut geläutert hat, den Segensausspruch über sie für die Muslime zur Pflicht gemacht hat (Sure al-Ahzab (33), Vers 56), wie Er ihn über Seinen Gesandten zur Pflicht gemacht hat und ihnen einen Anteil von der Fünftelabgabe (Khums) zuteilte (Sure al-Anfal (8), Vers 41). So machte er auch jedem Muslim zur Pflicht, sie zu lieben als sei diese Liebe ein Teil der Botschaft (Sure al-Shura (42), Vers 23) Muhammeds. Sie sind die Ulu-l-Amr (Befehlshaber) denen gegenüber Allah den Muslimen den Gehorsam zur Pflicht gemacht hat (Sure al-Nisa (4), Vers 59). Und sie sind mit dem Wissen verwurzelt und kennen die Auslegung des Qur'ans und seine verborgene und offenkundige Bedeutung (Sure Ali Imran (3), Vers 7). Und sie sind die Ahl-uz-Zikr, welche Allahs Gesandter (s.) in seinem Hadith al-Thaqalayn (Hadith von den beiden gewichtigen Dingen - Hadith al-Thaqalayn: z.B. Kanz al-Ummal, Band 1, Seite 44; Musnad Ahmad, B. 5, S. 182) mit dem Qur'an auf eine Stufe stellte und den Muslimen auferlegte, an ihnen festzuhalten, und sie mit Noahs Arche verglich; wer sie besteigt, wird errettet, und wer sie meidet, geht unter (Hadith von der Arche: al-Mustadrak von al-Hakim, B. 3, S. 151, Zusammenfassung von al-Zahabi; al-Sawa‘iq al-Muhraqa von Ibn Hajar, Seiten 184 und 234). Die Sahaba kannten den Stellenwert der Ahl-ul-Bayt und verehrten und respektierten sie. Die Schi'iten richten sich nach ihnen und betrachten sie neben allen Gefährten als vorrangig, wofür sie auch über Beweise aus unmissverständlichen Quellen verfügen.

Was die Sunniten betrifft, so respektieren und verehren sie die Ahl-ul-Bayt ebenfalls, erkennen jedoch diese Unterteilung der Sahaba nicht an und zählen die Heuchler (Munafiqun) nicht dazu. Statt dessen waren die Gefährten ihrer Ansicht nach die besten Geschöpfe nach Rasulullah (s.). Die einzige Unterteilung bei ihnen orientiert sich an dem Zeitpunkt des Eintretens in den Islam und die guten Taten. Damit bevorzugen sie in erster Linie die vier rechtgeleiteten Kalifen, dann die sechs Übrigen von den Zehn, denen angeblich das Paradies verheißen worden sein soll. Deshalb hört man sie auch – wenn sie den Segenswunsch über den Propheten (s.) und seine Familie aussprechen – ohne Ausnahme hinzufügen: "...und all seine Gefährten".

Das ist es, was ich von den Ulema der Ahl al-Sunna wa al-Jama‘a und den Schi'iten über die Zuordnung der Gefährten gehört habe. Und das ist es auch, was mich anspornt, meine Nachforschungen mit dem intensiven Studium der Sahaba beginnen zu lassen. Also habe ich Gott, meinem Herrn, geschworen, meine Emotionen zu ignorieren, um neutral und objektiv sein zu können, wenn ich mir die Aussagen beider Parteien anhöre, und dem Besten davon zu folgen. Dabei sollen meine maßgeblichen Quellen folgende sein:

bulletDas sichere Prinzip der Logik. Das bedeutet, dass ich mich auf nichts stützen werde außer auf das, worin sich alle bezüglich der Interpretation des Qur'ans und der authentischen prophetischen Sunna einig sind.
bulletDer Verstand. Er ist die größte aller Gaben Gottes an den Menschen. Mit ihm hat Er uns gegenüber allen anderen Geschöpfen ausgezeichnet. So argumentiert Er, Der Erhabene, und ruft Seine Diener zur Überlegung auf, indem Er spricht: "Begreifen sie denn nicht...", "verstehen sie denn nicht...", "überlegen sie denn nicht..." und "erkennen sie denn nicht...?"

Ich werde so tun, als wäre ich ein Neuling im Islam und würde erst seit Kurzem an Allah und Seine Engel, Seine Bücher und Gesandten und daran, dass Muhammad Sein Diener und Gesandter ist, glauben. Ich werde mich dabei auf keinen einzigen Sahabi verlassen, ganz gleich wie nahe er dem Propheten (s.) stand oder welche Position er ausfüllte. Ich bin weder Omayyade noch Abbasside oder Fatimide, weder Sunnit noch Schi'it. Ich hege auch keinerlei Feindschaft gegen Abu Bakr oder Omar oder Osman oder Ali, noch nicht einmal gegen Wahshi, den Mörder von Hamza, der ja später zum Islam übertrat. Denn der Übertritt zum Islam macht nichtig, was davor geschehen sein mag. Somit hat Allahs Gesandter (s.) ihm bereits vergeben.

Zweck dieser meiner Nachforschungen ist der Wunsch, die Wahrheit zu erfahren. Dafür habe ich sämtliche vorausgegangene Ideen mit Aufrichtigkeit abgelegt und beginne mit Allahs Segen meine Suche nach den Standpunkten der Sahaba.

 

1. Die Sahaba beim Friedensabkommen von Hudaybiyya

Die Zusammenfassung der Geschichte ist, dass Rasulullah (s.) im sechsten Jahr nach der Hidschra mit 1400 seiner Gefährten in der Absicht loszog, die Wallfahrt in Mekka zu vollziehen. Nachdem er ihnen befohlen hatte, ihre Schwerter in der Nähe abzulegen, begaben sie sich bei Zi al-Halifa in den Weihezustand (Ihram), um den Quraischiten verständlich zu machen, dass sie als Besucher gekommen sind, um die Wallfahrt zu vollziehen, und nicht, um Krieg zu führen. Doch die Quraischiten in ihrem Stolz befürchteten, die anderen Araber könnten denken, Muhammad habe Mekka gewaltsam eingenommen und ihren Widerstand gebrochen. Deshalb entsandten sie eine Delegation zu ihm, die von Suhayl Ibn Amr Ibn Abd Wadd al-Amiri angeführt wurde, und forderten von ihm, dieses Mal noch heimzukehren, da sie ihm erst im darauffolgenden Jahr Mekka für drei Tage überlassen wollten. Dafür verlangten sie von ihm jedoch die Einhaltung unbarmherziger Bedingungen, die Allahs Gesandter (s.) um des Friedens willen auch akzeptierte wie es ihm von Gott eingegeben worden war.

Einigen seiner Gefährten hingegen gefiel das Verhalten des Propheten nicht, wofür sie ihn mit heftiger Kritik konfrontierten. Omar Ibn al-Khattab kam zu ihm und sagte:

“Bist du nicht wahrhaftig Allahs Prophet?”

Er antwortete: "Ja, das bin ich."

Omar sagte: "Sind wir nicht im Recht und unsere Feinde im Unrecht?"

Er antwortete: "Doch."

Omar sagte: "Und warum erniedrigen wir uns dann vor ihnen in unserem Glauben?"

Rasulullah (s.) sprach: “Wahrlich, ich bin Allahs Gesandter und widersetze mich nicht Seinem Befehl, denn Er ist mein Helfer!"

Da sagte Omar: "Hattest du uns denn nicht erzählt, wir würden zum Heiligen Haus gehen und es umrunden?"

Er antwortete: "Doch. Aber habe ich dir gesagt, wir würden in diesem Jahr dorthin gehen?"

Omar sagte: "Nein."

Er (s.) sagte: "Also wirst du noch dorthin gehen und es umrunden."

Danach ging Omar Ibn al-Khattab zu Abu Bakr und sagte: “O Abu Bakr, ist der da nicht wirklich Allahs Prophet?”

Er antwortete: "Doch."

Dann stellte Omar ihm die gleichen Fragen wie er sie bereits Allahs Gesandtem (s.) gestellt hatte, und Abu Bakr antwortete ihm mit den gleichen Antworten. Dann sagte er zu ihm: "Hör zu! Er ist wahrhaftig Allahs Gesandter und widersetzt sich Ihm nicht, denn Er ist sein Helfer, also halte dich an seine Anweisungen."

Als Allahs Gesandter (s.) mit der Aushandlung des Friedensabkommens fertig war, sagte er zu seinen Gefährten: "Steht auf und schlachtet, danach rasiert euch eure Köpfe!" Doch bei Allah, kein einziger von ihnen stand auf, nicht einmal, als er es drei Mal gesagt hatte. Da kein Einziger seinem Befehl Folge leistete, begab er sich in sein Zelt und kam wieder heraus, ohne mit jemandem von ihnen zu sprechen. Dann schlachtete er mit seinen eigenen Händen ein Tier und rief seinen Barbier zu sich, damit er seinen Kopf rasiere. Und als seine Gefährten dies sahen, standen sie auf und begannen zu schlachten. Dann fingen sie an, sich einander zu rasieren, bis sie sich beinahe gegenseitig töteten (Dieses Ereignis wurde schriftlich festgehalten von Biographen und Historikern wie al-Bukhari in seinem Sahih-Werk im Kapitel "Die Bedingungen beim Dschihad", Band 2, Seite 122, und Sahih Muslim im Abschnitt "Das Friedensabkommen von Hudaybiyya", Band 2).

Das war die Kurzfassung von dem Ereignis des Friedensabkommens von Hudaybiyya. Es gehört zu den Ereignissen, die bei Schi'iten und Sunniten als unbestritten gelten. Historiker und Biographen wie al-Tabari, Ibn al-Athir, Ibn Sa‘d und andere wie al-Bukhari und Muslim haben es dokumentiert.

Hier muss ich einmal kurz Halt machen, weil ich so etwas unmöglich lesen kann, ohne erschüttert und verwundert zu sein über das Verhalten jener Gefährten gegenüber ihrem Propheten (s.). Kann denn ein kluger Mensch die Behauptung einiger Leute akzeptieren, die Sahaba – möge Allah Wohlgefallen an ihnen haben – hätten stets die Befehle des Gesandten Allahs befolgt und ausgeführt, obwohl dieses Geschehnis sie Lügen straft und ihre Absichten zunichte macht? Kann sich ein denkender Mensch vorstellen, es handele sich bei diesem Verhalten gegenüber dem Propheten (s.) um eine geringfügige, entschuldbare oder gar willkommene Art? Der Erhabene spricht:

Bei deinem Herrn, sie werden nicht glauben, bis sie jemanden haben richten lassen über das, was sich unter ihnen ereignet; erst dann finden sie keine Mühe mehr darin, sich an deinen Entscheid zu halten und sich zufrieden zu geben. (Sure al-Nisa (4), Vers 65)

Und gab Omar Ibn al-Khattab sich hierin etwa zufrieden und fand keine Mühe darin, sich an den Entscheid des Gesandten (s.) zu halten?! Oder beharrte er auf seinem Standpunkt und wies den Befehl des Propheten zurück? Insbesondere mit seinen Äußerungen: “Bist du nicht wahrhaftig Allahs Prophet?” und “Hattest du uns etwa nicht erzählt?” und so weiter. Und gab er sich zufrieden, nachdem Allahs Gesandter (s.) ihm überzeugende Antworten gegeben hatte? Nein. Er war keineswegs überzeugt und ging zu Abu Bakr und stellte ihm die gleichen Fragen. Und war er zufrieden, nachdem Abu Bakr ihm geantwortet und verdeutlicht hatte, dass er dem Propheten (s.) gehorchen müsse?

Ich weiß nicht, ob er damit zufrieden war oder ob ihn die Antworten des Propheten (s.) oder Abu Bakrs überzeugten. Falls ja, warum sagte er dann von sich selbst einmal: “Und solche Taten beging ich...”

Nur Allah und Sein Gesandter wissen, um welche Taten es sich handelte, die Omar beging. Ich weiß auch nicht, aus welchem Grund die übrigen Anwesenden sich danach weigerten, als Rasulullah zu ihnen sagte: "Steht auf und schlachtet, danach rasiert euch eure Köpfe!" Und sogar, als er seinen Befehl drei Mal erfolglos wiederholte, hörte immer noch keiner von ihnen auf ihn.

Gepriesen sei Allah! Ich kann nicht fassen, was ich da lese! Wie können die Sahaba sich dazu hinreißen lassen, mit der Anordnung des Gesandten derart umzuspringen? Wenn dieser Bericht ausschließlich aus schi'itischen Quellen stammen würde, würde ich ihn als Verleumdung der Sahaba auffassen. Dieser Bericht hat jedoch solche Bestätigung und solch einen Bekanntheitsgrad erlangt, dass sämtliche Chronisten der Ahl al-Sunna wa al-Jama‘a ihn ebenfalls überlieferten. Und da ich mir auferlegt habe, alles zu akzeptieren, worüber sich alle einig sind, bleibt mir nichts anderes übrig als es so hinzunehmen und mich darüber zu wundern.

Was soll ich dazu sagen? Wie soll ich eine Entschuldigung finden für jene Gefährten, die seit Beginn der Prophetenschaft Muhammads (s.) bis zum Tag von Hudaybiyya fast zwanzig Jahre mit Allahs Gesandtem verbracht und seine Wundertaten und das Licht seiner Botschaft gesehen hatten? Der Qur'an hatte sie Tag und Nacht gelehrt, wie sie sich in Gegenwart des Gesandten zu verhalten und wie sie mit ihm zu reden hatten, bis Allah ihnen mit der Ungültigkeit ihrer Taten drohte, falls sie ihre Stimme über seine erhoben.

Ich vermute, dass es Omar Ibn al-Khattab war, der die anderen Anwesenden beeinflusste und aufforderte, den Befehl des Gesandten (s.) zu ignorieren, ganz zu schweigen von seinem Eingeständnis, Taten begangen zu haben, deren Nennung ihm missfällt wie er an anderen Stellen zum Ausdruck bringt: "Ich fastete weiter und gab Almosen und betete und ließ Sklaven frei aus Furcht wegen dem, was ich getan hatte." (Al-Sira al-Halabiyya, Kap. "Das Friedensabkommen von Hudaybiyya", B. 2, S. 706)

Man kann hier gut heraushören, dass Omar sich der Tragweite seines Verhaltens an jenem Tage wohl bewusst war. Es ist wirklich eine seltsame Geschichte – aber sie ist real.

 

2. Die Sahaba und das "Donnerstagsunglück"

Die Geschichte in Kurzform: Drei Tage vor dem Tode des Gesandten Allahs (s.) waren die Gefährten in seinem Haus versammelt. Er befahl ihnen, ihm Feder und Tintenfass zu bringen, damit er für sie ein Schriftstück verfasse, das sie vor dem Irrtum bewahren sollte. Die Gefährten aber waren unterschiedlicher Meinung darüber. Einige von ihnen verweigerten seinen Befehl und beschuldigten ihn, Unsinn zu reden. Darüber wurde Rasulullah zornig und schickte sie aus seinem Zimmer, ohne für sie etwas geschrieben zu haben. Hierzu noch einige Details:

Ibn Abbas sagte: “Donnerstag! Was war an jenem Donnerstag! Die Schmerzen des Gesandten Allahs (s.) waren stärker geworden, und er sagte: ‚Los, ich schreibe euch etwas, damit ihr danach nicht in die Irre geht.‘ Und Omar sagte: ‚Der Schmerz hat den Propheten (s.) überwältigt! Ihr habt den Qur'an, Allahs Buch genügt uns!‘ Dann stritten sich die im Zimmer Anwesenden, und einige sagten: ‚Bringt es herbei, damit der Prophet (s.) euch etwas schreibe, nach dem ihr nicht in die Irre geht!‘ und andere sagten, was Omar sagte. Und als ihr Zank und Streit dem Propheten (s.) zu viel wurde, sagte Allahs Gesandter (s.) zu ihnen: ‚Geht fort von mir!‘”

Ibn Abbas sagte ebenfalls: "Das Unglück! Das ganze Unglück! Was bei Allahs Gesandtem (s.) geschah, als er für sie jenes Schreiben verfassen wollte und sie in Streit gerieten.” (Sahih al-Bukhari, B. 2, Abschnitt "Die Worte des Kranken: ‚Geht fort von mir‘"; Sahih Muslim, B. 5, S. 75, am Ende des Kapitels über Testamente; Musnad von Imam Ahmad Ibn Hanbal, B. 1, S. 355 und B. 5, S. 116; Tarikh al-Tabari, B. 3, S. 193; Tarikh Ibn Athir, B. 2, S. 320)

Dieses Geschehnis ist tatsächlich passiert, daran besteht kein Zweifel. Schi'itische Gelehrte und Chronisten überliefern es in ihren Büchern wie es auch die sunnitischen Gelehrten, Chronisten und Historiker tun. Nun muss ich zwar einhalten, was ich mir geschworen habe, bleibe aber verwirrt über Omars Standpunkt, den er in Bezug auf den Befehl des Gesandten (s.) vertrat.

Um was für einen Befehl handelte es sich eigentlich? – Die Bewahrung vor dem Fehlgehen der Gemeinde. Ohne Zweifel sollte jenes Schriftstück etwas Neues enthalten, das die Muslime betreffen und sehr bedeutsam für sie sein sollte.

Lassen wir zunächst die Aussage der Schi'iten beiseite, der Prophet (s.) habe “Alis Namen als seinen Nachfolger aufschreiben wollen, und als Omar dies begriff, hinderte er ihn daran.” Möglicherweise überzeugen sie uns nicht mit dieser Behauptung, da sie uns prinzipiell nicht gefällt. Aber können wir eine vernünftige Erklärung für dieses Ereignis finden, welches den Gesandten (s.) so erzürnte, dass er sie fortschickte, und Ibn Abbas so sehr zum Weinen brachte, dass seine Tränen den Boden tränkten und er es als größtes Unglück bezeichnete?

Die Sunniten sagen, Omar habe die "Ernsthaftigkeit der Erkrankung des Propheten (s.) gespürt, war deshalb besorgt um ihn und wollte ihn beruhigen." Diese Begründung akzeptiert jedoch kein Dummkopf, schon gar nicht ein Gelehrter. Selbst ich habe mehrere Male und immer wieder versucht, Entschuldigungen für Omar zu finden, die Realität des Ereignisses aber hinderte mich daran. Selbst wenn ich den Ausdruck "er redet Unsinn" – Gott behüte! – ersetze durch "der Schmerz hat ihn überwältigt", finden wir immer noch keine Entschuldigung für Omars: “Ihr habt den Qur'an, Allahs Buch genügt uns!”

War er womöglich besser unterrichtet über den Qur'an als Allahs Gesandter (s.), dem er offenbart worden war? Oder sollte Allahs Gesandtem (s.) nicht bewusst gewesen sein, was er sagte? Oder sollte er mit seinem Befehl beabsichtigt haben, unter ihnen Meinungsverschiedenheiten und Streit hervorzurufen? Falls die Erklärung der Sunniten richtig sein sollte, wäre Omars guter Wille dem Propheten nicht verborgen geblieben, und er hätte sich bei Omar dafür bedankt und ihn gebeten, näher zu kommen, anstatt auf ihn wütend zu werden und zu sagen: "Geht fort von mir!"

Darf ich vielleicht einmal die Frage stellen, warum sie ihm gehorchten, als er sie aus seinem Zimmer verbannte, und nicht wieder behaupteten, er rede Unsinn? Eventuell weil sie mit ihrem Plan erfolgreich waren, ihn am Schreiben zu hindern, und keinen Grund mehr hatten, dort zu bleiben. Der Beweis dafür, dass ihr Lärm und Streit in Gegenwart des Propheten jegliches Maß überschritten, ist, dass sie zwei Parteien bildeten, von denen die eine sagte: "Bringt es dem Gesandten herbei, damit er für euch jenes Schriftstück verfasse!" und die anderen sagten, was Omar sagte, nämlich: "Er redet Unsinn!"

Die Angelegenheit beschränkte sich auch nicht auf Omar allein, denn wenn es so gewesen wäre, hätte Rasulullah (s.) ihn beruhigt und davon überzeugt, dass er (s.) nicht aus eigenem Begehren heraus spreche und es nicht möglich sei, dass Schmerzen ihn davon abhalten, die islamische Gemeinde rechtzuleiten und vor dem Irrweg zu bewahren. Und das Ganze verschlimmerte sich noch, weil Omar Helfer fand, die ihn unterstützten als hätten sie sich zuvor abgesprochen. Aus diesem Grund wurden sie ungehalten laut im Streit und vergaßen oder taten so als hätten sie Allahs Worte vergessen:

O ihr, die ihr gläubig seid! Erhebt nicht eure Stimmen über die Stimme des Propheten und sprecht ihn nicht mit Worten an, die ihr untereinander benutzt, sonst werden eure Taten ungültig, ohne dass ihr es bemerkt! (Sure al-Hujurat (49), Vers 2)

Bei diesem Vorfall überschritten sie sämtliche Grenzen, indem sie ihre Stimmen erhoben, sprachen wie sie untereinander zu sprechen pflegten und ihn (s.) des Phantasierens und Halluzination beschuldigten. Dann stritten sie lautstark, und es entstand ein Wortgefecht in seiner Gegenwart.

Ich glaube beinahe, dass die Mehrheit auf Omars Seite stand und Allahs Gesandter (s.) keinen Sinn mehr darin sah, das Dokument zu schreiben, weil er wusste, sie respektierten ihn nicht und gehorchten Allahs Befehl nicht, ihre Stimmen in seiner Gegenwart nicht zu erheben. Wenn sie sich schon Allahs Befehlen widersetzten, würden sie auch nicht den Befehlen Seines Gesandten Folge leisten.

Also entschied der Gesandte (s.) in seiner Weisheit, jenes Schreiben für sie nicht zu verfassen, da er deswegen bereits geschmäht wurde, als er noch lebte. Wie würde man erst nach seinem Tode damit umspringen? Die Schmäher würden sagen, er habe halluziniert, und vielleicht sogar einige seiner Anordnungen anzweifeln, die er während seiner Krankheit gegeben hatte. Dass sie der Überzeugung waren, er halluziniere, steht jedoch fest.

Ich bitte Gott um Vergebung für diese Worte im Beisein des edlen Gesandten. Wie soll ich meine Seele und mein freies Gewissen davon überzeugen, dass Omar Ibn al-Khattab spontan handelte, obgleich seine Anhänger und andere Anwesende beweinten, was geschehen war, und ihre Tränen den Boden tränkten und sie es als das "Unglück der Muslime" bezeichneten?

Und deshalb ziehe ich die Konsequenz und lehne jegliche Begründung, die in diesem Zusammenhang angegeben wird, ab. Zuvor hatte ich bereits den Versuch unternommen, diesen Vorfall zu leugnen und abzustreiten, um vor seinem Übel Ruhe zu finden. Aber die Sahih-Bücher haben ihn überliefert und als authentisch klassifiziert, während seine Rechtfertigung nicht überzeugend ist.

Ich neige zur schi'itischen Interpretation dieses Vorfalls, da es sich dabei um eine logische Erklärung mit zahlreichen Zusammenhängen handelt.

Ich erinnere mich noch an die Antwort des Sayyid Muhammad Baqir al-Sadr, als ich ihn fragte: “Woher wusste Omar als Einziger unter den Sahaba, dass der Gesandte (s.) – eurer Behauptung zufolge – Ali schriftlich zu seinem Nachfolger ernennen wollte?"

Sayyid al-Sadr sagte: "Nicht nur Omar allein wusste von den Absichten des Gesandten. Die meisten der Anwesenden verstanden, was Omar verstanden hatte, denn Allahs Gesandter (s.) hatte schon vorab bekanntgegeben:

‚Ich hinterlasse euch die beiden gewichtigen Dinge: Allahs Buch und meine Nachkommenschaft Ahl-ul-Bayt. Wenn ihr an diesen beiden festhaltet, werdet ihr nach mir nie in die Irre gehen.‘

Und während seiner Krankheit sagte er zu ihnen:

‚Lasst mich für euch etwas schreiben, damit ihr nach mir niemals in die Irre geht.‘

Da begriffen die Anwesenden – unter ihnen auch Omar -, dass Rasulullah schriftlich festhalten wollte, was er in Ghadir Khumm verkündet hatte, nämlich das Festhalten an Allahs Buch und seiner Nachkommenschaft. Und da das Oberhaupt unter seiner Nachkommenschaft Ali war, war es so als wollte er (s.) sagen:

‚Haltet euch an den Qur'an und Ali!‘

wie er es bereits bei vielen anderen Anlässen geäußert hatte. Die meisten Quraischiten jedoch wollten Ali nicht, weil er noch jung war und ihren Stolz gebrochen und ihre Krieger getötet hatte. Aber diesmal trauten sie sich nicht so weit gegenüber Allahs Gesandtem, wie es beim Friedensabkommen von Hudaybiyya der Fall gewesen war oder beim heftigen Widerstand gegen ihn, als er das Totengebet für den Heuchler Abdullah Ibn Ubay verrichtete, und bei vielen anderen Anlässen, welche die Historiker aufgezeichnet haben.

Bei diesem Vorfall jedoch fällt auf, dass sich der Widerstand gegen das Schreiben eines Dokuments während der Krankheit des Propheten richtet, wodurch weitere Anwesende ebenfalls ermutigt wurden, sich dem Aufruhr im Beisein des Gesandten (s.) anzuschließen."

Diese Aussage stimmt mit dem Sinn des Hadiths völlig überein, wohingegen die Äußerung “Ihr habt den Qur'an, Allahs Buch genügt uns” im Gegensatz zum Inhalt des Hadiths steht, der uns befiehlt, an Allahs Buch und der Ahl-ul-Bayt, den Nachkommen des Propheten (s.), gleichsam festzuhalten. Es scheint so als wollte er eigentlich sagen: “Allahs Buch genügt uns voll und ganz. Wir brauchen seine Nachkommen nicht." Eine vernünftige Interpretation dafür gibt es nicht in diesem Zusammenhang.

O Allah, falls die Absicht dieser Äußerung darin bestand, Allah zu gehorchen, ohne Seinem Gesandten zu gehorchen, dann wäre es ebenso nichtig und unvernünftig.

Wenn ich nun den blinden Fanatismus und die widerspenstigen Emotionen ablege und mit einem gesunden Verstand und freien Gedanken ein Urteil fällen soll, neige ich zu dieser Analyse, wodurch es mir leicht fällt, Omar anzuklagen, da er der Erste war, der die Sunna des Propheten ablehnte, indem er sagte: “Allahs Buch genügt uns.”

Wenn einige Machthaber die prophetische Sunna unter dem Vorwand abgelehnt haben, sie sei widersprüchlich, so haben sie sich doch nur an das gehalten, was im Dasein der Muslime vorausgegangen war. Ich bürde aber nicht Omar allein auf, die Verantwortung für diesen Vorfall und die Vereitelung der Rechtleitung der Gemeinde zu tragen. Um ihm gegenüber gerecht zu sein, bürde ich sie ihm auf und denjenigen Gefährten, die seine Meinung teilten und somit seinen Widerstand gegen den Befehl des Gesandten Allahs (s.) unterstützten.

Ich staune in der Tat über jemanden, der über diesen Vorfall liest und darüber hinwegsieht, als wäre nichts gewesen, obwohl er zu den größten Tragödien der Muslime zählt, wie Ibn Abbas sagte. Meine Verwunderung gilt jedoch hauptsächlich jenen, die um jeden Preis versuchen, den Fehler eines Sahabis zu rechtfertigen, um deren Würde zu bewahren, auch wenn sie dabei auf Kosten der Würde des Gesandten Allahs oder des Islam und seiner Prinzipien verfahren müssen.

Warum fliehen wir vor der Wahrheit und versuchen sie zu verwischen, sobald sie mit unseren Vorstellungen nicht übereinstimmt? Und warum akzeptieren wir nicht einfach, dass die Sahaba normale Menschen waren? Auch sie hatten Vorstellungen, Neigungen und Ziele und begingen manchmal Fehler.

Aber meine Verwunderung vergeht, sobald ich im Qur'an die Geschichten der Propheten (Friede sei mit ihnen) lese, die trotz der vollbrachten Wunder keine Macht über den Widerstand ihrer Völker hatten. Herr, lass unsere Herzen nicht abweichen, nachdem Du uns geleitet hast, und gib uns Deine Gnade, denn Du bist der immer Gebende.

Nun habe ich den Hintergrund des Standpunktes der Schi'iten zum zweiten Kalifen begriffen, dem sie die Verantwortung für viele Tragödien aufbürden, die im Laufe der islamischen Geschichte stattgefunden haben seit dem "Donnerstagsunglück", das die Gemeinde daran hinderte, Rechtleitung zu erlangen durch das Dokument, welches der Gesandte (s.) für sie verfassen wollte. Das unvermeidbare Eingeständnis hierbei ist, dass ein verständiger Mensch, der die Gerechtigkeit dem Personenkult vorzieht, für die Sahaba um Vergebung bitten würde, während jene, die ihren Sinn für Gerechtigkeit aus dem Personenkult beziehen, für uns unbedeutend sind.

 

3. Die Sahaba in der Kompanie von Osama

Die Kurzfassung dieser Geschichte ist, dass Allahs Gesandter (s.) zwei Tage vor seinem Tode ein Heer aufstellte, das gegen die Römer ziehen sollte. Als Befehlshaber setzte er Osama Ibn Zayd Ibn Haritha ein, der damals achtzehn Jahre alt war, und stellte wichtige Persönlichkeiten von den Muhajirun und den Ansar auf wie Abu Bakr, Omar, Abu Ubayda und andere hochangesehene Gefährten. Einige von ihnen protestierten gegen Osamas Position und sagten: “Wie kann ein Knabe, dem noch kein Bart wächst, uns Befehle geben?” In der Vergangenheit hatten sie sich bereits über den Einsatz seines Vaters als Befehlshaber beschwert und ihn heftig kritisiert.

Als der Prophet (s.) davon erfuhr, wurde er sehr zornig darüber und ging trotz seines Fiebers mit verbundenem Kopf und zwischen zwei Männern gestützt hinaus, wobei seine Füße aus Erschöpfung auf dem Boden hinterher schleiften. Dann bestieg er die Kanzel, lobpries Allah und sprach: "Ihr Menschen! Was habe ich gehört, was ihr darüber sagt, dass ich Osama zum Befehlshaber gemacht habe? Nicht nur, dass ihr euch darüber beschwert, dass ich Osama zum Befehlshaber mache. Ihr hattet euch schon damals beschwert, als ich seinen Vater zum Befehlshaber ernannte! Allah weiß, dass er würdig war, ein Anführer zu sein, und dass sein Sohn nach ihm ebenso würdig ist!” (Tabaqat Ibn Sa‘d, B. 2, S. 190; Tarikh Ibn al-Athir, B. 2, S. 317; al-Sira al-Halabiyya, B. 3, S. 207; Tarikh al-Tabari, B. 3, S. 226)

Danach forderte er sie auf, sich zu beeilen und sagte: “Stellt Osamas Heer auf! Schließt euch Osamas Heer an! Geht dort hin, wohin Osama geht!” Dies wiederholte er mehrmals, während sie sich schwerfällig, mutlos und widerwillig bewegten.

All dies veranlasst mich zu fragen: "Was sollte diese Kühnheit gegen Allah und Seinen Gesandten? Und was sollte diese Widerspenstigkeit gegen den verehrten Gesandten, der sich um sie sorgte und den Gläubigen gegenüber barmherzig und gnädig war? Eine vernünftige Interpretation für diesen Ungehorsam und diese Kühnheit hätte ich mir – wie jeder andere auch – niemals vorstellen können.

Und wie üblich, wenn ich über derartige Vorfälle lese, welche die Würde der Sahaba in irgendeiner Weise schaden, versuche ich, es zu leugnen oder zu verharmlosen. Jedoch gelingt es nicht zu leugnen oder zu verharmlosen, worin sich die Historiker und Chronisten unter den sunnitischen und schi'itischen Gelehrten einig sind. Ich habe meinem Herrn gelobt, gerecht und nicht fanatisch zugunsten meiner Glaubensrichtung zu sein und nichts zu berücksichtigen außer der Wahrheit. Obwohl sie hier bitter ist wie man so schön sagt. Rasulullah sprach:

"Sprich die Wahrheit, auch wenn sie gegen dich ist, und sprich die Wahrheit, auch wenn sie bitter ist."

Und die Wahrheit in diesem Fall ist, dass jene Gefährten, welche dagegen protestierten, dass Osama ihr Anführer sein sollte, sich damit dem Befehl ihres Herrn und den klaren Worten des Qur'ans widersetzten, an denen kein Zweifel besteht und keine Umdeutung möglich ist. Dafür gibt es für sie keine Entschuldigung außer dem, was einige Leute an kühnen Ausreden für sie herbeisehnen, um das Ansehen der Sahaba und "aufrichtigen Vorfahren" zu bewahren. Der frei Denkende akzeptiert jedoch keinesfalls diese Intrigen.

Ich habe viel darüber nachgedacht, um vielleicht doch noch eine Ausrede für sie zu finden, aber es kam nichts Vernünftiges dabei heraus. Dann las ich die Ausrede der Sunniten für sie, sie seien die ältesten und angesehensten Quraischiten gewesen, die schon seit langer Zeit Muslime gewesen seien, wohingegen Osama jung gewesen sei und noch an keiner Schlacht wie Badr, Uhud und Hunayn zur Stärkung des Islam teilgenommen hatte. Seine Vergangenheit sei unbedeutsam und er selbst sei noch zu jung gewesen, als Allahs Gesandter (s.) ihn zum Anführer der Mission ernannte. Es liege – so sagen sie – in der natürlichen Veranlagung des Menschen, sich unter reifen und erfahrenen Männern mit seinen Taten zu rühmen und selbstverständlich davor zurückzuschrecken, sich dem Kommando eines Jünglings zu untergeben. Deshalb seien sie mit seiner Ernennung nicht zufrieden gewesen und verlangten von Allahs Gesandtem (s.), Osama durch einen der angesehenen Gefährten zu ersetzen.

Dies ist in der Tat eine Ausrede, die weder auf rationalen noch auf religionsgesetzlichen Beweisen basiert. Jeder Muslim, der den Qur'an gelesen hat und seine Gesetze kennt, lehnt so etwas ab, weil Allah spricht:

Und nehmt an, was der Gesandte euch gibt, und unterlasst, was er euch verbietet. (Sure al-Hashar (59), Vers 7)

Und wenn Allah und Sein Gesandter eine Sache entschieden haben, hat kein Gläubiger und keine Gläubige darin eine andere Wahl, und wer sich Allah und Seinem Gesandten widersetzt, der ist wahrlich in die Irre gegangen. (Sure al-Ahzab (33), Vers 36)

Welche Ausrede soll ein denkender Mensch nach diesen klaren Worten noch akzeptieren können? Was soll ich über Leute sagen, die Allahs Gesandten erzürnt haben, obwohl sie wussten, dass sein Zorn auch Allahs Zorn bedeutet. All das, nachdem sie ihn der Halluzination beschuldigt, gewisse Dinge in seiner Gegenwart gesagt und Lärm verursacht hatten, während er krank war, bis er sie aus seinem Zimmer schickte. Und als hätte ihnen das nicht genügt, verschlimmerten sie alles noch, indem sie bei demjenigen, der für sie barmherzig und gnädig gewesen war, umhergingen und lange herumstanden, anstatt dass sie zur Rechtleitung zurückkehrten und Allah und Seinen Gesandten für ihre Taten um Vergebung baten, wie der Qur'an es sie lehrte, damit Er ihnen verzeihe. Doch sie enthielten ihm sein Recht vor und kannten vor ihm keinen Respekt und fanden nur zwei Tage, nachdem sie ihm Halluzinationen vorgeworfen hatten, Anstoß daran, dass er Osama als Befehlshaber aufstellte, bis sie ihn veranlassten, in diesem Zustand, den die Historiker beschrieben haben, geschwächt durch die schwere Krankheit und gestützt zwischen zwei Männern, hinauszugehen und bei Allah zu schwören, dass Osama des Kommandos würdig sei. Dabei ließ der Gesandte (s.) uns wissen, dass sie dieselben Personen waren, die schon damals aufbegehrt hatten, als er Zayd Ibn Haritha zum Befehlshaber gemacht hatte, um uns darüber in Kenntnis zu setzen, dass in der Vergangenheit noch viele andere Vorfälle wie dieser auf ihr Konto gingen, was beweist, dass sie nicht zu jenen zählten, die mit seiner Entscheidung kein Problem hatten und sich fügten, sondern zu den Aufständischen und Aufrührerischen, die für sich selbst das Recht auf Kritik und Widerstand beanspruchten, selbst wenn sie damit die Gesetze Allahs und Seines Gesandten brachen.

Der Beweis für ihren unverkennbaren Widerstand ist, dass sie sich schwerfällig und träge bewegten, obwohl sie gesehen hatten, wie zornig der Gesandte Allahs (s.) war und wie er mit seiner edlen Hand die Flagge festhielt und ihnen befahl, sich zu beeilen. Und sie gingen nicht los, bis er – ich würde mein Leben für ihn opfern- verstarb mit einem Herzen voller Kummer über seine bemitleidenswerte Gemeinde, die auf ihren Fersen kehrt machen und im Fegefeuer schmoren würde abgesehen von einer kleinen Minderheit, welche Rasulullah (s.) als Empfänger des Segens bezeichnete.

Wenn wir uns in diesen Fall vertiefen, werden wir den zweiten Kalifen, Omar, als eine seiner Hauptfiguren ausmachen, da er derjenige war, der nach dem Tode des Gesandten Allahs (s.) zum Kalifen Abu Bakr ging und von ihm verlangte, Osama seines Amtes zu entheben und durch jemand anderen zu ersetzen. Doch Abu Bakr erwiderte ihm: “Bist du noch bei Verstand, Ibn al-Khattab? Befielst du mir, ihn zu entheben, obwohl Allahs Gesandter (s.) ihn eingesetzt hat?” (At-Tabaqat al-Kubra von Ibn Sa‘d, B. 2, S. 190; Tarikh al-TabariB, B. 3, S. 226)

Warum hat der inspirierte Omar nicht wie Abu Bakr diese Tatsache erfasst? Oder spielte dabei noch eine geheime Sache eine Rolle, die den Historikern verborgen geblieben ist? Oder sind sie es, die ein Geheimnis daraus gemacht haben, um ihn zu schützen, wie es bei ihnen so üblich ist. Deshalb ersetzten sie auch den Ausdruck: "Er redet Unsinn" durch: "Der Schmerz hat ihn überwältigt."

Meine Verwunderung gilt jenen Gefährten, die ihn an jenem Donnerstag erzürnten, der unziemlichen Rede und der Halluzination beschuldigten und sagten: “Allahs Buch genügt uns.” Allahs Buch sagt ihnen jedoch im wahrsten Sinne seiner Verse:

"Sprich (o Muhammad): Wenn ihr Allah liebt, folgt mir, so liebt euch Allah.” (Sure Ali Imran (3), Vers 31)

Und als ob sie mehr über den Qur'an und seine Gebote wussten als derjenige, dem er offenbart wurde, erzürnen sie ihn nur zwei Tage nach dieser schmerzlichen Tragödie und zwei Tage vor seinem Tode noch mehr, protestieren gegen seinen Entschluss, Osama aufzustellen, und verweigern ihm den Gehorsam. War er doch bei der ersten Tragödie bereits krank und bettlägerig, so war er bei der zweiten genötigt, mit verbundenem Kopf, in ein Laken eingehüllt und gestützt zwischen zwei Männern hinauszugehen, während seine Füße auf der Erde hinterher schleiften, und ihnen von der Kanzel herab eine vollständige Predigt zu halten, die er mit Allahs Lobpreisung begann, um ihnen damit zu zeigen, dass er weit entfernt war davon, Unsinn zu reden. Dann ließ er sie wissen, was er über ihren Protest wusste und rief ihnen einen anderen Fall, gegen den sie vier Jahre zuvor protestiert hatten, in Erinnerung. Glaubten sie danach immer noch, er rede Unsinn oder der Schmerz habe ihn überwältigt oder er wisse immer noch nicht, was er sagt?

Gepriesen sei Allah! Wie können sie sich ihrem Gesandten gegenüber derart erkühnen und mit dem von ihm geschlossenen Vertrag unzufrieden sein? Sie widersetzen sich ihm aufs Äußerste, so dass er ihnen drei Mal befiehlt zu schlachten und sich zu rasieren, ohne dass ein einziger von ihnen gehorchte. Und ein anderes Mal ziehen sie ihn am Hemd zurück, um ihn daran zu hindern, das Totengebet für Abdullah Ibn Ubay zu verrichten, und sagen zu ihm: “Allah hat dir das Totengebet für Heuchler verboten!” als wollen sie ihn lehren, was ihm offenbart wurde, obwohl Gott in Seinem Qur'an spricht:

"Und Wir haben dir die Ermahnung herab gesandt, damit du den Menschen erläuterst, was zu ihnen herab gesandt worden ist." (Sure al-Nahl (16), Vers 44) Und:

"Wahrlich, Wir haben dir das Buch mit der Wahrheit herab gesandt, damit du unter den Menschen danach richtest, was Allah dir gezeigt hat.” (Sure al-Nisa (4), Vers 105) Und:

"Wie Wir euch einen Gesandten aus eurer Mitte sandten, der euch Unsere Verse verliest und euch läutert und das Buch und die Weisheit lehrt und euch lehrt, was ich nicht wusstet." (Sure al-Baqara (2), Vers 151)

Seltsame Leute, die sich über ihn hinwegsetzen, mal seine Befehle nicht befolgen und mal behaupten, er rede Unsinn, und streiten ohne Respekt und Anstand heftig in seiner Gegenwart und mal protestieren sie gegen seinen Einsatz von Zayd Ibn Haritha und später seines Sohnes Osama Ibn Zayd. Wie sollen die Suchenden nach all dem noch daran zweifeln, dass die Schi'iten auf der richtigen Seite stehen, weil sie hinter den Standpunkt einiger Gefährten ein Fragezeichen setzen und sich mit Hochachtung, Liebe und Zuneigung dem Propheten (s.) und seiner Ahl-ul-Bayt (a.) zuwenden?

Während ich hier jedoch lediglich vier oder fünf Vorfälle als Beispiele genannt habe, um es kurz zu fassen, kennen die schi'itischen Gelehrten Hunderte Fälle, in denen die Sahaba wider den deutlichen Schriften handelten und berufen sich dabei ausschließlich auf die Sahih-Werke und Belege der sunnitischen Gelehrten.

Immer wenn ich mir die Standpunkte einiger Sahabis vor Augen führe, versetzen sie mich in Verwunderung und Staunen. Nicht nur wegen dem Verhalten jener Gefährten sondern wegen dem Standpunkt der sunnitischen Gelehrten, die uns weismachen wollen, die Sahaba hätten stets Recht gehabt, und man könne sich in keiner Weise kritisch mir ihnen auseinandersetzen. Damit hindern sie den Suchenden, zur Wahrheit zu gelangen, und er tappt weiterhin zwischen ideologischen Widersprüchen umher.

Zusätzlich zu den vorausgegangenen möchte ich noch einige Beispiele anführen, die uns ein wahrheitsgemäßes Bild von jenen Gefährten malen, damit wir den Standpunkt der Schia verstehen:

Al-Bukhari schreibt in seinem Sahih, Band 4, Seite 47, im Abschnitt “Die Geduld bei der Kränkung und Allahs Worte: ‚Wahrlich, die Geduldigen werden ihren Lohn erhalten‘” im Kapitel “das Benehmen":

Er sagte: Al-A‘mash berichtete uns: Ich habe Shaqiq sagen gehört: Abdullah sagt: Der Prophet (s.) nahm eine Aufteilung vor wie er es pflegte zu tun; da sagte ein Mann von den Ansar: Bei Allah, dies ist eine Aufteilung, bei der Allahs Wohlgefallen nicht gewollt wurde! Ich sagte: Das werde ich dem Propheten (s.) sagen! Also ging ich zu ihm, als er sich unter seinen Gefährten befand, und erzählte es ihm. Doch es kränkte den Propheten (s.) so sehr, dass sich sein Gesicht veränderte und er zornig wurde, so dass ich mir wünschte, ihm nicht davon berichtet zu haben. Dann sprach er: Moses war noch mehr gekränkt worden und geduldete sich trotzdem.

So schreibt al-Bukhari im selben Kapitel im Abschnitt “das Lächeln und das Lachen”:

Er sagte: Anas Ibn Malik berichtete uns: Er sagte: Ich spazierte mit Rasulullah (s.). Er trug einen grobsäumigen Umhang. Da holte ihn ein Beduine ein und zog ihn heftig an seinem Umhang. Anas sagte: Ich schaute auf die Schulter des Propheten (s.), und der Saum des Umhanges war vom heftigen Ziehen beschädigt. Dann sagte er: O Muhammad, reiche mir etwas von dem, was sich von Allahs Besitz bei dir befindet! Da wandte er sich ihm zu und lachte, dann befahl er, dass ihm etwas gegeben werden solle.

So schreibt al-Bukhari im Kapitel “das Benehmen” im Abschnitt “wer den Menschen nicht mit Tadel begegnet”:

Er sagte: Aysha sagte: Der Prophet (s.) tat etwas und erlaubte es. Doch eine Gruppe enthielt sich dessen, und der Prophet (s.) hörte davon. Dann hielt er eine Predigt und sprach nach Allahs Lobpreisung: Was ist mit den Leuten, die sich dessen enthalten, was ich tue? Doch bei Allah, ich kenne Allah besser als sie, und ich fürchte Ihn mehr als sie!

Wer Überlieferungen dieser Art gründlich betrachtet, wird herausfinden, dass die Sahaba sich über den Propheten (s.) stellen und glauben, Allah begehe mal Fehler und mal habe Er Recht. Dem geht aber schon voraus, dass einige Historiker die Taten der Sahaba rechtfertigen, selbst wenn sie dem Tun des Propheten entgegenstanden, oder sie lassen sie mit einem Niveau von Weisheit und Frömmigkeit erscheinen, das dem des Gesandten Allahs (s.) überlegen ist, wie es zum Beispiel bei den Gefangenen der Schlacht von Badr der Fall war, als Omar Ibn al-Khattab ihn berichtigt haben soll. In diesem Zusammenhang führen sie erlogene Überlieferungen an, in denen er (s.) sagt: “Wenn Allah uns mit einem Unglück bestraft, wird nur Ibn al-Khattab errettet” als wollten sie damit ausdrücken: "Wenn Omar nicht gewesen wäre, wäre der Prophet zugrunde gegangen." Gott behüte uns vor diesem verdorbenen und schändlichen Glauben, dem keine Hässlichkeit ebenbürtig ist. Bei meinem Leben, jemand, der daran glaubt, ist unendlich weit entfernt vom Islam und sollte seinen Verstand benutzen oder den Satan aus seinem Herzen vertreiben. Allah spricht:

"Und hast du den gesehen, der seine Neigung zur Gottheit genommen hat, und den Allah bewusst irregeleitet und sein Gehör und sein Herz versiegelt und vor seine Augen einen Schleier gelegt hat? Wer wird ihn nach Allah rechtleiten. So begreift ihr denn nicht?” (Sure al-Jathiya (45), Vers 23). So spricht Allah Der Hohe und Mächtige die Wahrheit.

Und bei meinem Leben, diejenigen, die glaubten, Allahs Gesandter (s.) folge seinen Neigungen und weiche ihretwegen vom wahren Weg ab, nehme eine Aufteilung vor, mit der er nicht vor Gott treten wollen würde, nur um seiner Neigungen und Emotionen willen, und diejenigen, die sich dessen enthielten, was Allahs Gesandter tat, weil sie sich selbst für gottesfürchtiger hielten als er, haben keinen Respekt oder Wertschätzung von den Muslimen verdient und sollten von ihnen erst recht nicht mit Engeln auf eine Stufe gestellt oder als beste Geschöpfe nach Rasulullah betrachtet werden. Und die Tatsache, dass die Muslime verdammt sind, ihnen zu folgen, sich nach ihnen zu richten und ihre Traditionen einzuhalten wegen nichts, außer dass sie Gefährten des Gesandten Allahs (s.) waren, ist ein Widerspruch gegen die Ahl al-Sunna wa al-Jama‘a, die immer, wenn sie über Muhammad und seine Familie den Segen aussprechen, "und all seine Gefährten" hinzufügen.

Aber wenn Allah Der Gepriesene und Erhabene ihren Wert kannte, sie entsprechend einstufte und ihnen befahl, den Segen über Muhammad und seine reine Familie auszusprechen, um sie im Zaum zu halten, damit sie sich beugen und den Stellenwert der Ahl-ul-Bayt bei Allah kennenlernen, warum stufen wir sie dann eigentlich höher ein als nötig und stellen sie jenen gleich, deren Wert Allah erhöhte und die Er vor allen Menschen auszeichnete?

Lassen Sie mich hieraus schließen, dass die Omayyaden und Abbasiden, die dieses umfassende Privileg und die große Wichtigkeit erkannten und die Feindschaft gegen die Familie des Propheten etablierten und sie und ihre Anhänger, die Schia, vertrieben und ermordeten. Wenn also Allah keinen Segen akzeptiert, der nicht auch ihnen gilt, warum entlastet man dann ihre Feinde und deren Abweichung von der Ahl-ul-Bayt? Trotzdem lässt man beim Segensausspruch die Sahaba der Ahl-ul-Bayt folgen, um den Menschen vorzutäuschen, sie beide seien in ihren Vorzügen einander ebenbürtig; insbesondere wenn wir wissen, dass es einige der Angesehensten und Größten von den Gefährten waren, die sich Dummköpfe von den Gefährten des Gesandten (s.) oder deren Nachfolgern (Tabi‘un) erkauften, damit sie erfundene Hadithe über die Vorzüge der Sahaba verbreiten, insbesondere über diejenigen, die die Bühne des Kalifats betraten und eine unmittelbare Ursache dafür waren, dass die Omayyaden und Abbasiden überhaupt Macht und Herrschaft über die Muslime erlangten. Die Geschichte ist der beste Zeuge für meinen Standpunkt, wenn ich sage, dass Omar Ibn al-Khattab, der dafür bekannt war, dass er Gouverneure einsetzte und schon bei Zweifeln ihres Amtes enthob, mit Muawiya Ibn Abi Sufyan Milde walten ließ und ihn nicht einmal zur Rechenschaft zog. Bereits Abu Bakr hatte ihn zum Gouverneur ernannt, woraufhin ihn Omar auf Lebenszeit in seinem Amt bestätigte und niemals auch nur tadelte trotz der Vielzahl der Boten, die sich über Muawiya beschwerten und ihm mitteilten, dass Muawiya sich mit Gold und Seide einkleidete, welche Allahs Gesandter (s.) den Männern verboten hatte. Omar erwiderte ihnen stets: “Lasst ihn, er ist wie alle Araber!”

So blieb Muawiya in seinem Amt länger als zwanzig Jahre, ohne von irgend jemandem kritisiert oder entmachtet zu werden, und als Osman mit dem Kalifat über die Muslime bekleidet wurde, überließ er ihm noch weitere Gouvernements, was ihn in die Lage versetzte, einen Aufstand der Muslime zu organisieren, indem er Armeen und den arabischen Pöbel für den Aufstand gegen den Imam der islamischen Gemeinde und die gewaltsame Machtergreifung und Aneignung der Herrschaft über die Muslime mobilisierte, um sie mit Gewalt zur Huldigung seines sündhaften und Wein trinkenden Sohnes Yazid zu zwingen. Aber dabei handelt es sich um eine andere lange Geschichte, die ich in diesem Buch nicht ausführlich behandeln möchte. Wichtig ist nur, dass ich die Persönlichkeiten jener Gefährten kenne, die die Position des Kalifats erlangten und dem Omayyadischen Imperium den Weg ebneten, indem sie dem Stamme Quraisch zur Macht verhalfen, wobei sie den Gedanken unterstützten, dass das sowohl Prophetentum als auch Kalifat unter den Angehörigen der Sippe Banu Hashim vertreten sein sollte.

Das Omayyadische Imperium hatte das Recht, nein, die Pflicht, sich bei jenen zu bedanken, die ihm den Weg bereitet hatten, zumindest, jene Überlieferer zu belohnen, die Geschichten über Vorzüge ihrer Vorfahren in Umlauf brachten und sie zur selben Zeit anstatt ihrer Feinde, der Ahl-ul-Bayt, anpriesen, wodurch sich so einiges vereinfachte. Wenn man diese erfundenen Vorzüge und Tugenden mit Verstand und Logik unter die Lupe nimmt, bleibt nichts Erwähnenswertes von ihnen übrig, unter der Voraussetzung, unser Verstand ist nicht von einer Krankheit befallen und wir hüten uns vor Widersprüchen.

Als Beispiel sei erwähnt, dass wir in der Tat eine Menge über Omars Gerechtigkeit hören, mit der die Trittbrettfahrer gut bedient waren. Man erzählt sich, Omar sei aufrecht stehend beerdigt worden, damit "die Gerechtigkeit nicht mit ihm sterbe" und so weiter. Aber die Geschichte berichtet uns, dass Omar, als die Schenkung im Jahre 20 nach der Hidschra zur Pflicht wurde (Jeder Muslim sollte eine bestimmte Summe ausgehändigt bekommen (Anm. d. Übers.)) , nicht auf die prophetische Sunna bedacht war und sich nicht an sie hielt. Dabei behandelte der Prophet (s.) alle Muslime gleich und bevorzugte oder vernachlässigte niemanden. Abu Bakr tat es ihm während seines Kalifats gleich, Omar Ibn al-Khattab hingegen dachte sich eine neue Eigenart aus und bevorzugte die ersten Muslime (al-Sabiqun) gegenüber den anderen und die Muhajirun unter den Quraischiten gegenüber den übrigen Muhajirun, und er bevorzugte sämtliche Muhajirun den Ansar und die Araber den Nicht-Arabern und die Freien den Untergebenen (Sharh Ibn Abil Hadid, B. 8, S. 111) und den Stamm Madar dem Stamm Rabi‘a. Er gab den Madar Dreihundert und den Rabi‘a Zweihundert (Tarikh al-Ya‘qubi, B. 2, S. 106), und er bevorzugte die Sippe Aus der Sippe Khazradj (Fat’h al-Buldan, S. 437). Wo liegt hierin die Gerechtigkeit, o ihr Denkenden?

Wir hören über Omars immenses Wissen, das so ausgeprägt war, dass man sagte, er sei der weiseste Sahabi gewesen und Allah habe ihn oftmals in seiner Meinung bestätigt und zahlreiche Qur'an-Verse offenbart, die Omars Ansicht gegenüber der Meinung des Propheten unterstützten. Aber in Wahrheit berichtet uns die Geschichte, dass Omar nicht einmal mit dem Qur'an einverstanden war, nachdem dieser offenbart worden war. Als ihn ein Sahabi in den Tagen seines Kalifats fragte: "O Amir al-Mu‘minin! Ich geriet in den Janaba-Zustand (Janaba oder junub: Zustand der rituellen Unreinheit nach z.B. Geschlechtsverkehr (Anm. d. Übers.)) und fand kein Wasser." Omar sagte zu ihm: "Bete nicht!" Da mischte sich Ammar Ibn Yasir ein und erinnerte ihn an das Tayammum (Rituelle Waschung mit z.B. Sand bei Nichtvorhandensein von Wasser (Anm. d. Übers.)). Aber Omar überzeugte dies nicht und sagte zu Ammar: “Wir werden dir aufbürden, was du dir selbst aufgebürdet hast!” (Sahih al-Bukhari, B. 1, S. 52)

Wo ist Omars Wissen vom Qur'an-Vers über das Tayammum, und wo ist sein Wissen von der Sunna des Propheten (s.), der ihnen die Verrichtung des Tayammum nebst Gebetswaschung (Wudu) gelehrt hatte? Omar selbst gab bei zahlreichen Anlässen zu, dass er kein Alim, Gelehrter, sei und alle Menschen gebildeter seien als er, sogar die "Frauen mit den Fußringen". Und sein oftmaliger Ausspruch: “Wenn Ali nicht wäre, wäre Omar zugrunde gegangen”. So starb er dann, ohne die Bedeutung des Begriffs “Kalala” zu kennen, betreffs dessen er viele unterschiedliche Urteile abgab wie uns die Geschichte berichtet. Wo liegt hierin die Weisheit, o ihr Sehenden?

So hören wir vielerlei über Omars Tapferkeit, Mut und Stärke, und dass die Quraisch Angst bekamen, als er zum Islam konvertierte und damit die Muslime stärkte. Man erzählt sich, Allah habe durch Omar Ibn al-Khattab den Islam gestärkt, und Allahs Gesandter (s.) habe seine Botschaft erst intensiv verkündet, nachdem Omar Muslim geworden sei. Aber die wahre und bestätigte Geschichte berichtet uns rein gar nichts über Omars Tapferkeit und Mut. Und die Historiker kennen auch keinen einzigen Mann, sei er bekannt oder unbekannt, den Omar Ibn al-Khattab in einem Kampf oder einer Schlacht wie Badr, Uhud, Khandaq oder andere tötete, sondern im Gegenteil: Die wahre Geschichte berichtet uns, dass er in der Schlacht von Uhud mit anderen flüchtete, und so war es auch bei Hunayn und auch als Allahs Gesandter (s.) ihn entsandte, die Stadt Khaybar zu erobern und er geschlagen zurückkehrte. Und bei sämtlichen Expeditionen, an denen er teilnahm, war er jemandes Befehl unterstellt und nicht selbst Befehlshaber. Die letzte davon war die Expedition von Osama, in der Omar dem Befehl des Knaben Osama Ibn Zayd unterstellt war. Wo liegen in diesen Wahrheiten die angepriesene Tapferkeit und der Mut, o ihr Verständigen?

Und wir hören so viel über Omars Frömmigkeit und sein Weinen aus lauter Gottesfurcht. Das geht so weit, dass man sagte, er fürchtete, von Allah zur Rechenschaft gezogen zu werden, wenn im Irak ein Esel stolpere, weil er für ihn nicht den Weg ausgebaut hatte. Aber die wahre und bestätigte Geschichte berichtet uns, dass er grob, hartherzig und streng war, ohne Skrupel, jemanden grundlos blutig zu schlagen, wenn er zu einem Vers aus dem Heiligen Qur'an befragt wurde. Zuweilen erlitten schwangere Frauen Fehlgeburten aus Angst vor ihm, sobald sie ihn sahen. Warum war er nicht gottesfürchtig, als er sein Schwert zog und jedem drohte, ihm den Kopf damit abzuschlagen, der sagte, Muhammad (s.) sei gestorben, stattdessen schwor er bei Allah, dass Muhammad nicht gestorben sondern gegangen sei, sich mit seinem Herrn zu treffen wie es Mussa Ibn Imran getan hatte (Tarikh al-Tabari und Tarikh Ibn al-Athir). Und warum war er nicht gottesfürchtig, als er drohte, Fatimas Haus anzuzünden, falls die Verweigerer der Huldigung Abu Bakrs nicht herauskämen (Al-Imama was-Siyasa von Ibn Qutayba). Als man ihn darauf aufmerksam machte, dass die Tochter des Propheten, Fatima, in dem Haus sei, sagte er: “Na und?!” Und er erkühnte sich über Allahs Buch und die Traditionen Seines Propheten und fällte während der Zeit seines Kalifats Urteile, die den qur'anischen Texten und der edlen, prophetischen Sunna widersprachen (Siehe: An-Nass wal Ijtihad von Abdulhussayn Sharafuddin. Darin zählt er zahlreiche Begebenheiten auf, bei denen Omar entgegen den Texten seine eigene Meinung durchsetzte. Mit den anerkannten Quellen aller islamischen Glaubensrichtungen.) . Wo waren seine Frömmigkeit und Gottesfurcht angesichts dieser bitteren und schmerzlichen Wahrheit, o aufrichtige Diener Gottes?

Ich habe diesen großen und berühmten Sahabi als Beispiel ausgewählt und mich dabei reichlich kurz gefasst, denn wenn ich in die Details gehen wollte, würde ich mehrere Bücher damit füllen.

Was ich hier erwähnt habe, ist nur eine Geringfügigkeit, die uns einen deutlichen Eindruck von der Mentalität einiger Gefährten und dem widersprüchlichen Standpunkt der sunnitischen Gelehrten geben soll. Während sie die Menschen daran hindern, die Sahaba zu kritisieren oder anzuzweifeln, überliefern sie in ihren Büchern doch Dinge, die zu Zweifeln und scharfer Kritik nahezu aufrufen. Wehe den Gelehrten der Ahl al-Sunna wa al-Jama‘a, denn hätten sie diese offensichtlichen Dinge, welche die Würde der Sahaba antasten und ihre Redlichkeit ankratzen, nicht erwähnt, hätten sie uns damit von der Last der Verwirrung verschont.

Ich erinnere mich an die Begegnung mit einem Gelehrten aus Najaf, Assad Haidar, dem Verfasser des Buches “Imam al-Sadiq und die vier Rechtsschulen”. Wir unterhielten uns über Sunna und Schia, und er erzählte mir, wie sein Vater vor fünfzig Jahren bei der Pilgerfahrt einen tunesischen Gelehrten von den Gelehrten der “Zaytuna” traf: “Sie diskutierten über das Imamat des Fürsten der Gläubigen, Ali Ibn Abi Talib – Friede sei mit ihm. Der tunesische Gelehrte hörte seinem Vater zu, der zugunsten Alis Imamat und seiner Berechtigung zum Kalifat vier oder fünf Beweise aufzählte. Als er fertig war, fragte ihn der tunesische Gelehrte: ‚Wollen Sie noch etwas hinzufügen?‘ Er antwortete: ‚Nein.‘ Da sagte der Tunesier: ‚Dann nehmen Sie ihren Rosenkranz in die Hand und fangen an zu zählen.‘ Dann begann er, an die Hundert Beweise aufzuzählen, die mein Vater nicht kannte." Scheich Assad Haidar fügte hinzu: "Wenn die Sunniten lesen würden, was in ihren Büchern steht, würden sie uns zustimmen, und unser uralter Konflikt würde beigelegt werden."

Bei meinem Leben, dies ist die Wahrheit, vor der es kein Entrinnen gibt. Wenn der Mensch sich nur von seinem blinden Fanatismus und Stolz befreien und dem deutlichen Beweis hingeben würde .

 

Erstens: Die Meinung des Qur'ans über die Gefährten des Propheten

Zuallererst muss ich betonen, dass Allah in Seinem erhaben Buch an zahlreichen Stellen die Gefährten des Gesandten (s.) lobt, welche den Gesandten verehrten, ihm ohne Hintergedanken oder Widerstand folgten und gehorchten, ohne Hochmut oder Arroganz sondern um Allahs und Seines Gesandten Zufriedenheit willen. An jenen hatte Allah Wohlgefallen, und sie hatten Wohlgefallen an Ihm. Dies verdient der, der seinen Herrn fürchtet.

Diese Gruppe gehört zu den Sahaba, deren Wert die Muslime anhand ihrer Standpunkte und Handlungen an der Seite des Gesandten (s.) zu schätzen gelernt haben, verehren und Wohlgefallen an ihnen zeigen, wenn man sie erwähnt. Meine Untersuchungen haben mit dieser Gruppe der Sahaba, die von Sunniten wie Schi'iten gleichermaßen respektiert und verehrt werden, nichts zu tun. Ebenso wenig haben sie mit jener Gruppe zu tun, die für ihre Heuchelei bekannt war und von sunnitischen wie schi'itischen Muslimen verwünscht werden.

Stattdessen konzentrieren sich meine Forschungen auf jene Gruppe der Sahaba, über welche die Muslime verschiedener Meinung sind. Qur'anische Verse waren bei manchen Anlässen zu ihrer Tadelung und Warnung offenbart worden, und Allahs Gesandter (s.) warnte sie oder warnte vor ihnen bei zahlreichen Anlässen.

Ja, die Meinungsteilung zwischen Schia und Sunna konzentriert sich auf diese Gruppe der Gefährten, da die Schi'iten ihre Äußerungen und Taten kritisieren und an ihrer Redlichkeit zweifeln, während die Ahl al-Sunna wa al-Jama‘a sie trotz aller bestätigter Widersprüche verehren. Meine Untersuchungen konzentrieren sich ausschließlich auf diese Gruppe unter den Gefährten, bis ich in der Lage bin, an die Wahrheit oder Teile der Wahrheit zu gelangen.

Ich betone dies, damit man nicht denkt, ich übergehe die Verse, welche die Gefährten des Gesandten (s.) loben, und führe nur die auf, die sie tadeln. Andererseits habe ich im Verlauf meiner Untersuchungen entdeckt, dass es Verse des Lobes gibt, welche auch Anteile des Tadels beinhalten und umgekehrt.

Ich werde mich hier jedoch nicht verausgaben, wie ich es während der dreijährigen Untersuchungen tat, sondern mich mit der Nennung einiger Verse als Beispiele begnügen, um mich wie gewohnt kurz zu fassen. Wer sich eingehender damit befassen möchte, sollte wie ich die Last des Forschens und Vergleichens auf sich nehmen, damit die Rechtleitung ein Ergebnis intensiven Nachdenkens werde, wie Gott es von jedem einzelnen erwartet. Das Gewissen verlangt nach echter Überzeugung, die jedem Sturm standhält, denn es ist bekannt, dass eine Rechtleitung, die auf innerer Überzeugung basiert, bei Weitem besser ist als eine auf äußeren Einflüssen basierende.

Allah lobt Seinen Propheten:

Und Er fand dich umherirrend und leitete dich, d.h.: "Er fand dich nach der Wahrheit suchend und führte dich zu ihr". (Sure al-Duha (93), Vers 7)

Und Er sprach:

Und wer sich Unsretwillen abmüht, den leiten Wir auf Unseren Wegen. (Sure al-Ankabut (29), Vers 69)

 

1. Der Vers von der Kehrtwende

Allah, Der Erhabene, spricht in Seinem verehrten Buche:

Und Muhammad ist nur ein Gesandter; vor ihm waren schon Gesandte da. Wenn er nun stirbt oder getötet wird, macht ihr dann auf euren Fersen kehrt? Doch wer auf seinen Fersen kehrtmacht, schadet Allah damit keineswegs, und Allah wird die Dankbaren belohnen. (Sure Ali Imran (3), Vers 144)

Dieser edle Vers kündigt unmissverständlich an, dass die Sahaba direkt nach dem Tode des Gesandten (s.) auf ihren Fersen kehrtmachen und nur wenige von ihnen standhaft bleiben würden wie Allahs Ausdrucksweise “die Dankbaren” mit Bezug auf sie beweist. Denn die Standhaften sind die Dankbaren, die nicht kehrtmachen. Und die Dankbaren würden nur eine geringe Minderheit sein worüber dieser Vers Aufschluss gibt:

Und wenige meiner Diener sind die Dankbaren. (Sure Saba‘ (34), Vers 13)

Dies belegen auch die edlen prophetischen Aussprüche, welche diese Kehrtwende erläutern und von denen wir einige erwähnen werden. Und während Allah die Strafe der auf ihren Fersen Kehrtmachenden in diesem Vers nicht näher beschreibt und sich damit begnügt, die Dankbaren zu loben, die Seinen Lohn verdienen, verdienen die Umkehrer keinerlei Lohn oder Gnade von Gott, was Rasulullah (s.) in vielen seiner Ahadith bestätigte, mit denen wir uns zum Teil in diesem Buch beschäftigen werden – wenn Gott will.

Man kann den Vers aus Respekt vor den Sahaba nicht auf die Gefährten Tulayha, Sujah und al-Aswad al-Ansi beziehen, da sie kehrtmachten und vom Islam abtrünnig wurden und sich sogar zu Lebzeiten des Gesandten Allahs (s.) als Propheten ausgaben, weswegen er (s.) sie bekämpfte und besiegte. Auch kann man den Vers nicht auf Malik Ibn Nuwayra und seine Anhänger beziehen, welche sich während Abu Bakrs Kalifat aus mehreren Gründen weigerten, die Almosensteuer (Zakat) an ihn zu zahlen. Zu den Gründen zählt, dass sie abwarten wollten, bis sie die Wahrheit über die Situation erfahren, da sie gemeinsam mit Allahs Gesandtem (s.) die Abschiedspilgerfahrt vollzogen und in Ghadir Khum Imam Ali Ibn Abi Talib gehuldigt hatten, nachdem Muhammad (s.) ihn zum Kalifen ernannt hatte, so wie auch Abu Bakr selbst ihm gehuldigt hatte. Deshalb waren sie überrascht, als ein Bote des Kalifen mit der Nachricht vom Tode des Gesandten Allahs (s.) kam und im Namen des neuen Kalifen Abu Bakr die Almosensteuer verlangte. Dies ist eine Sache, in die die Geschichte nicht allzu tief eintauchen wollte, um die Würde der Gefährten zu bewahren.

Dazu gehört auch, dass Mâlik und seine Anhänger laut Omars und Abu Bakrs Zeugnis und dem einiger Gefährten, die Khâlid Ibn al-Walîd seinen Mord an Mâlik Ibn Nuwayra übelnahmen, Muslime waren. Die Geschichte legt Zeugnis darüber ab, dass Abu Bakr das Blutgeld für Malik an seinen Bruder Mutammim aus der Schatzkammer der Muslime zahlte und sich für seine Ermordung entschuldigte. Es ist bekannt, dass ein Verschwörer und Abtrünniger gegen den Islam getötet werden muss, für ihn kein Blutgeld aus der Schatzkammer gezahlt wird und seine Tötung keine Vergeltung erfordert.

Wichtig ist, dass der "Vers von der Kehrtwende" diejenigen Sahaba betrifft, welche mit dem Propheten (s.) in Medina gelebt hatten und direkt nach seinem Tode "kehrtmachten". Die prophetischen Aussprüche verdeutlichen dies und beseitigen alle Zweifel daran. Wir werden uns an anderer Stelle mit ihnen befassen, wenn Allah will. Auch die Geschichte ist ein guter Zeuge für die Kehrtwende nach dem Tode des Gesandten Allahs (s.) und dafür, dass es in den Reihen der Gefährten Vorfälle gab, vor denen nur wenige Rettung fanden.

 

2. Der Vers vom Dschihad

Allah spricht:

"O ihr Gläubigen! Was stimmt mit euch nicht, wenn zu euch gesagt wird: ‚Rückt aus um Allahs Willen‘, lasst ihr den Kopf hängen. Seid ihr denn mit dem irdischen Leben zufriedener als mit dem Jenseits? Die Nutznießung des irdischen Lebens ist im Vergleich zum Jenseits nur gering. Wenn ihr nicht ausrückt, lässt Er euch eine schmerzvolle Strafe zukommen und setzt ein anderes Volk an eure Stelle, und ihr könnt Ihm nichts anhaben. Allah ist zu allem mächtig.” (Sure al-Tauba (9), Verse 38 u. 39)

Auch dieser Vers verdeutlicht, dass die Sahaba sich im Dschihad schwerfällig taten und das irdische Leben bevorzugten, obwohl sie wussten, dass es im Vergleich zum Jenseits geringe Bedeutung hat. Da sah Allah sich veranlasst, sie zu tadeln und mit einer schmerzvollen Strafe zu drohen oder gar durch aufrichtige Gläubige zu ersetzen.

Diese Drohung des Ersetzens begegnet uns in zahlreichen Qur'an-Versen, was ein klarer Beweis dafür ist, dass die Gefährten sich etliche Male beim Dschihad träge verhielten. Deshalb spricht Gott in einem anderen Vers:

"Wenn ihr euch abwendet, lässt Er ein anderes Volk eure Stelle einnehmen. Die werden dann nicht so sein wie ihr." (Sure Muhammad (47), Vers 38)

Und Er spricht:

“O ihr Gläubigen! Wenn sich jemand von euch von seiner Religion abbringen lässt, wird Allah Leute bringen, die Er liebt, und die Ihn lieben. Sie sind den Gläubigen gegenüber bescheiden und streng mit den Ungläubigen. Sie kämpfen um Allahs Willen und fürchten sich vor keinem Tadel. Das ist die Huld Allahs. Er gibt sie, wem Er will. Allah ist allumfassend und weiß alles.” (Sure al-Ma‘ida (5), Vers 54)

Wenn wir eine gründliche Untersuchung dessen wünschten, was es an Versen gibt, die diese Bedeutung untermauern und mit Deutlichkeit die Wahrheit über diese Gruppe der Gefährten aufdecken, wie die Schi'iten es tun, ergäbe es ein gesamtes Buch. Der heilige Qur'an erläutert dies bereits in der kürzesten und eloquentesten Weise mit Allahs Worten:

"Aus euch soll eine Gemeinde werden, die zum Guten aufruft, gebietet, was recht ist, und verbietet, was verwerflich ist. Denen wird es wohl ergehen. Und macht es nicht wie diejenigen, die sich geteilt haben und uneins geworden sind, nachdem sie die klaren Beweise erhalten hatten! Diese haben eine gewaltige Strafe zu erwarten. Am Tag, da die einen Gesichter strahlend, die anderen finster sein werden! Diejenigen nun, deren Gesichter finster werden: ‚Seid ihr ungläubig geworden, nachdem ihr gläubig wart? Jetzt bekommt ihr die Strafe zu fühlen dafür, dass ihr ungläubig wart.‘ Diejenigen aber, deren Gesicht strahlend wird, gehen in die Barmherzigkeit Allahs ein, um ewig darin zu weilen.” (Sure Ali Imran (3), Verse 104 – 107)

Diese Verse – es wird jedem belesenen Suchenden einleuchten – sind auf die Gefährten bezogen und warnen sie vor Trennung und Meinungsabweichung, nachdem sie die klaren Beweise erhalten hatten, und verheißen ihnen eine schwere Strafe. Sie werden hier in zwei Gruppen unterschieden: Die erste tritt am Tage der Auferstehung mit strahlenden Gesichtern auf; diese sind die Dankbaren und verdienen Allahs Barmherzigkeit. Die andere Gruppe bilden die mit den finsteren Gesichtern; sie sind abtrünnig geworden, nachdem sie gläubig gewesen waren, und Allah verheißt ihnen eine schmerzvolle Strafe.

Es ist allseits bekannt, dass sich die Gefährten nach dem Tode des Gesandten (s.) aufteilten und verschiedene Ansichten vertraten und Zwietracht stifteten, so dass sie sogar Morde begangen und blutige Kriege anzettelten, welche die Ursache für die Entartung und Rückständigkeit der Muslime waren und ihre Feinde frohlocken ließen. Man kann diese Verse einfach nicht entgegen ihrer dem Verstand einleuchtenden Bedeutung interpretieren.

 

3. Der Vers von der Unterwürfigkeit

Allah spricht:

“Ist es für diejenigen, die glauben, nicht angebracht, dass sich ihre Herzen dem Gedenken Allahs und was an Wahrheit hernieder gekommen ist unterwerfen, damit es ihnen nicht ergeht wie jenen, die die Schrift bereits erhalten hatten, und denen es zu lange dauerte, so dass sich ihre Herzen verhärteten? Viele von ihnen sind ja Frevler." (Sure al-Hadid (57), Vers 16)

In al-Durr al-Manthur sagt Jalaluddin al-Suyuti:

“Als die Gefährten des Gesandten Allahs (s.) nach Medina kamen und von der Leichtigkeit des Lebens dort erfuhren, nachdem sie Schweres hatten ertragen müssen, schien es, als würden sie nachlässig mit einigem, was sie sonst zu tun pflegten. Also wurden sie bestraft, und der Vers ‚Ist es für diejenigen, die glauben, nicht angebracht...‘ wurde herabgesandt.

In einer anderen Überlieferung vom Propheten (s.) heißt es, dass Gott die Herzen der Muhajirun nach siebzehn Jahren nach der ersten Offenbarung träge erschienen, und Er den Vers ‚Ist es für diejenigen, die glauben, nicht angebracht...‘ herabsandte."

Wenn die Herzen dieser Gefährten, die ja der Ahl al-Sunna wa al-Jama‘a zufolge die besten Geschöpfe nach Rasulullah (s.) gewesen sein sollen, sich dem Gedenken an Allah und was von Ihm über siebzehn Jahre hinweg herabgesandt worden war nicht unterwarfen, so dass sie Allah träge erschienen, und Er sie wegen der Härte ihrer Herzen, die sie zum Frevel hinzogen, schelten und warnen musste, können wir den erst siebzehn Jahre später, bei der Eroberung Mekkas, zum Islam konvertierten Quraischiten keine Vorwürfe machen.

Diese wenigen Beispiele, die ich aus Gottes erhabenem Buche zitiert habe, sollten ausreichend sein, um zu beweisen, dass nicht alle Sahaba "untadelig" (udul) waren wie die Sunniten behaupten.

Wenn wir dazu noch die Ahadith des Propheten (s.) untersuchen, finden wir unzählige weitere Beispiele, die dies belegen. Aber um der Kürze willen führe ich hier nur ein paar Beispiele an. Ein Suchender kann sich damit eingehender beschäftigen, falls er möchte.

Zweitens: Die Meinung des Gesandten über seine Gefährten

1. Der Hadith über das Becken

Allahs Gesandter (s.) sprach:

"Als ich stand, kam eine Gruppe, die ich wiedererkannte. Da kam ein Mann von ihnen zu mir und sagte: ‚Komm, los!‘ Ich sagte: ‚Wohin?‘ Er sagte: ‚Bei Gott, ins Höllenfeuer!‘ Ich sagte: ‚Was ist mit ihnen?‘ Er sagte: ‚Sie sind nach dir abtrünnig geworden, und ich befürchte, nur sehr wenige von ihnen werden verschont.‘" (Sahih al-Bukhari, B. 4, S. 94 – 99 u. S. 156, B. 3, S. 32; Sahih Muslim, B. 7, S. 66)

Und Allahs Gesandter (s.) sprach:

"Ich werde das Becken vor euch erreichen, und wer an mir vorbei geht, wird trinken, und wer davon trinkt, wird niemals durstig werden. Es werden Menschen zu mir kommen, die ich kenne, und die mich kennen. Dann wird man uns voneinander trennen, und ich werde sagen: ‚Meine Gefährten!‘ Es wird zu mir gesagt werden: ‚Du weißt nicht, was sie nach dir begangen haben.‘ Ich werde sagen: ‚Wehe jenen, die nach mir Änderungen begangen haben!‘" (Sahih al-Bukhari, B. 4, S. 94 – 99 u. S. 156, B. 3, S. 32; Sahih Muslim, B. 7, S. 66)

Wer sich mit dieser Art von Ahadith, welche von sunnitischen Gelehrten in ihren Sihah-Werken und Sammlungen überliefert worden sind, näher beschäftigt, wird jegliche Zweifel daran verlieren, dass die meisten Gefährten nach dem Tode des Gesandten (s.) einiges änderten, veränderten und abtrünnig wurden außer einigen wenigen, die man als Minderheit betrachten kann.

Diese Aussprüche kann man auf keinen Fall auf die dritte Gruppe, die Heuchler, anwenden, weil er (s.) sagt: "...und ich werde sagen: ‚Meine Gefährten!‘"

Genauso bestätigen und interpretieren diese Aussprüche die zuvor erwähnten qur'anischen Verse, die uns von der Kehrtwende, dem Abtrünnigwerden und der verheißenen Strafe einiger Gefährten berichten.

 

2. Der Hadith über den Wettlauf um das irdische Leben

Allahs Gesandter (s.) sprach:

"Ich bin euer Führer und Zeuge, und bei Allah, ich sehe in diesem Moment das Becken, und mir sind die Schlüssel zu den Schätzen der Welt gegeben worden (oder: die Schlüssel zur Welt). Und bei Allah, ich bin nicht besorgt, dass ihr nach mir wieder Götzendiener werdet sondern, dass ihr darin um die Wette laufen werdet." (Sahih al-Bukhari, B. 4, S. 100 u. 101)

Recht sprach Allahs Gesandter (s.), denn sie liefen derartig um die Wette um des irdischen Lebens willen, bis dass sie ihre Schwerter gegeneinander richteten, sich bekriegten und gegenseitig zu Ungläubigen erklärten. Einige dieser bekannten Sahaba sammelten Gold und Silber, und Historiker wie al-Mas‘udi in Muruj ud-Dhahab, al-Tabari und andere berichten uns, dass allein al-Zubayrs Reichtum fünfzig Tausend Dinar, Tausend Pferde, Tausend Sklaven und viele Landgüter in al-Basra, al-Kufa, Ägypten und anderenorts umfasste. (Muruj ud-Dhahab von al-Mas‘udi, B. 2, S. 341)

So wurde Talha jeden Tag allein aus dem Irak um eintausend Dinar oder mehr reicher. (Muruj ud-Dhahab von al-Mas‘udi, B. 2, S. 341)

Abdurrahman Ibn Auf besaß Einhundert Pferde, Eintausend Kamele und zehn Tausend Schafe. Der Wert eines Viertels seines Besitzes, der nach seinem Tode unter seinen Ehefrauen aufgeteilt wurde, betrug vierundachtzig Tausend Dinar. (Muruj ud-Dhahab von al-Mas‘udi, B. 2, S. 341)

Osman Ibn Affan hinterließ bei seinem Tode einhundertundfünfzig Tausend Dinar, abgesehen von seinem Vieh, seinen Ländereien und Landgütern, deren Wert unschätzbar war. Auch Zayd Ibn Thabit hinterließ Gold und Silber, welches mit Hilfe von Äxten geteilt werden musste, neben seinem Geld und seinen Landgütern im Wert von einhundert Tausend Dinar. (Muruj ud-Dhahab von al-Mas‘udi, B. 2, S. 341)

Dies sind einige einfache Beispiele. In den Geschichtsbüchern finden sich viele Zeugnisse darüber, mit denen wir uns hier nicht näher beschäftigen möchten und uns statt dessen mit dieser kleinen Anzahl begnügen, um die Wahrheit in dem erwähnen Hadith und die Liebe einiger Gefährten zum irdischen Leben zu beweisen.

 

Drittens: Die Meinung der Sahaba über sich selbst

1. Ihr Geständnis über die Änderung der prophetischen Sunna

Abu Sa‘id al-Khudri sagte:

“Allahs Gesandter (s.) pflegte, am Fitr-Tag (Feiertag des Fastenbrechens) und am Adha-Tag (Feiertag zum Ende der Pilgerfahrt) in die Moschee zu gehen, und das Erste, was er dort zu tun pflegte, war, das Gebet zu verrichten, dann begab er sich zu den Leuten, die ihm in Reihen gegenüber saßen, um ihnen zu predigen, sie zu belehren und Befehle zu erteilen, und falls er noch eine Expedition entsenden wollte, tat er es, und falls er noch etwas anordnen wollte, tat er es, dann ging er.” Abu Sa‘id sagte: “Die Leute hielten sich dran, bis ich an Fitr oder Adha mit Marwan ging, als er Amir von Medina war. Als wir bei der Moschee ankamen, deren Kanzel von Kathir Ibn al-Salt errichtet worden war, wollte Marwan sie vor dem Gebet besteigen. Ich ergriff ihn an seiner Kleidung, aber er stieß mich weg, bestieg die Kanzel und predigte vor dem Beten. Ich sagte zu ihm: ‚Bei Allah, ihr habt es geändert!‘ Er sagte: ‚Abu Sa‘id, das, was du kennst, ist schon vorbei.‘ Ich sagte: ‚Das, was ich kenne, ist bei Gott besser als das, was ich nicht kenne!‘ Marwan sagte: ‚Die Leute wären nach dem Gebet nicht sitzen geblieben, also habe ich es vor das Gebet gesetzt.‘" (Sahih al-Bukhari, B. 1, S. 122, Kap. "die beiden Festtage")

Ich habe bereits intensiv nach Rechtfertigungen gesucht, die die Gefährten hätten veranlassen können, die Sunna des Gesandten Allahs (s.) zu verändern. Ich entdeckte allerdings, dass die Omayyaden, deren Mehrheit zu den Gefährten des Propheten (s.) zählte, und an ihrer Spitze Muawiya Ibn Abi Sufyan – dem man den Titel “Schreiber der Offenbarungen” verlieh – die Menschen dazu verleitete und zwang, Ali Ibn Abi Talib (a.) zu beschimpfen und zu verfluchen – sogar von den Kanzeln der Moscheen herab. Dies wird von den Historikern überliefert, und auch Muslim erwähnt es in seinem Sahih Muslim im Kapitel “die Tugenden von Ali Ibn Abi Talib”.

Muawiya befahl seinen Handlangern in sämtlichen Städten, diese Verfluchungen als "Sunna" (Gewohnheit des Propheten) zu betrachten und von den Predigern auf den Kanzeln verkünden zu lassen. Als dies jedoch einigen Sahaba missfiel und sie sich darüber beschwerten, veranlasste Muawiya ihre Ermordung und Verbrennung. So wurden von den ehrenwerten Gefährten Hijr Ibn Adi al-Kindi und seine Anhänger getötet, von denen einige lebendig begraben wurden, weil sie sich geweigert hatten, Ali zu verfluchen, und dies missbilligten.

Abul A‘la al-Maududi berichtet in seinem Buch “al-Khilafa wal Mulk” (das Kalifat und das Königtum) von al-Hassan al-Basri, dass er sagte:

“Muawiya hatte vier Eigenschaften, von denen nur eine einzige ausgereicht hätte, ihn zugrunde gehen zu lassen:

  1. Er nahm sich der Sache (Kalifat) an, ohne die Sahaba zu konsultieren, welche das Licht der Tugend waren.
  2. Er ernannte seinen Sohn, der ein korrupter Trunkenbold war und Seide trug, zu seinem Nachfolger.
  3. Er behauptete, Ziyad sei sein Sohn gewesen, obwohl Allahs Gesandter (s.) gesagt hatte: ‚Das Kind gehört ins Bett, und der Unzüchtige wird gesteinigt.‘
  4. Er tötete Hijr und Hijrs Gefährten. Wehe ihm wegen Hijr und wegen Hijrs Gefährten!" (Al-Khilafa wal Mulk, von Abul A‘la al-Maududi, Seite 106)

Einige Gläubige von den Gefährten eilten stets nach Beendigung der Gebete aus der Moschee, damit sie nicht der Predigt beiwohnen mussten, welche mit der Verfluchung von Ali und seinen Angehörigen, der Ahl-ul-Bayt, endete. Aus diesem Grunde änderten die Omayyaden die Tradition des Propheten (s.) und verlegten die Predigt vor das Gebet, damit die Leute sie hören und ihr Widerstand gebrochen werde.

Was für Sahaba waren diese Menschen, die nicht davor zurückschreckten, die Sunna des Propheten und sogar Allahs Gebote zu verändern, um ihre gemeinen und abartigen Ziele zu erreichen, indem sie einen Mann verfluchen, den Allah absolut geläutert und den Segenswunsch für ihn wie für Seinen Gesandten obligatorisch gemacht hatte. Allah und Sein Gesandter (s.) hatten es zur Pflicht für jeden Muslim ernannt, Ali zu lieben, und Allahs Gesandter hatte gesagt:

"Ali zu lieben ist Glauben, und ihn zu hassen ist Heuchelei." (Sahih Muslim, B. 1, S. 61)

Jene Gefährten hingegen änderten die Spielregeln und sagten: "Wir haben gehört, aber wir rebellieren dagegen". Anstatt ihm Segen zu wünschen, ihn zu lieben und ihm zu gehorchen schmähten und verfluchten sie ihn über einen Zeitraum von sechzig Jahren, wie uns die Historiker berichten.

Hatten sich Mose Gefährten bereits damals über Aaron hinweggesetzt und ihn beinahe umgebracht, so brachten einige der Gefährten Muhammads (s.) seinen Aaron um und verfolgten seine Nachkommen und seine Schia bis unter jeden Stein. Sie entfernten ihre Namen aus dem Diwan und verhinderten, dass jemand nach ihnen benannt wurde. Als sei das noch nicht genug, verfluchten sie ihn und zwangen die rechtschaffenen Gefährten mit Gewalt und Tyrannei dazu, ihn ebenfalls zu verfluchen.

Bei Allah! Ich stehe erstaunt und verwundert da, wenn ich in unseren Sihah-Werken lese, was darin über die Liebe des Gesandten (s.) zu seinem “Bruder” und Cousin Ali steht und darüber, wie er ihn allen anderen Gefährten gegenüber bevorzugte und über ihn sagte:

"O Ali, du bist für mich, was Aaron für Moses war, außer dass es nach mir keinen Propheten geben wird." (Sahih al-Bukhari, B. 2, S. 305; Sahih Muslim, B. 2, S. 360; Mustadrak al-Hakim, B. 3, S. 109)

Und er (s.) sagte zu ihm:

"Du bist von mir, und ich bin von dir." (Sahih al-Bukhari, B. 2, S. 76; Sahih al-Tirmizi, B. 5, S. 300; Sunan Ibn Maja, B. 1, S. 44)

Und er sagte:

"Ali zu lieben, ist Glauben, und ihn zu hassen, ist Heuchelei." (Sahih Muslim, B. 1, S. 61; Sunan al-Nesai, B. 6, S. 117; Sahih al-Tirmizi, B. 8, S. 306)

"Ich bin die Stadt des Wissens, und Ali ist ihr Tor." (Sahih al-Tirmizi, B. 5, S. 201; Mustadrak al-Hakim, B. 3, S. 126)

"Ali ist der Gebieter jedes Gläubigen nach mir." (Musnad Ahmad Ibn Hanbal, B. 5, S. 25; Mustadrak al-Hakim, B. 3, S. 134; Sahih al-Tirmizi, B. 5, S. 296)

"Wessen Gebieter ich bin, dessen Gebieter ist auch Ali. O Allah, sei Freund dessen, der sein Freund ist, und Feind dessen, der sein Feind ist." (Sahih Muslim, B. 2, S. 362; Mustadrak al-Hakim; B. 3, S. 109; Musnad Ahmad Ibn Hanbal, B. 4, S. 281)

Wenn wir sämtliche Tugenden Alis aufzählen wollten, die der Prophet (s.) erwähnte und von unseren Gelehrten in ihrer Echtheit bestätigt und veröffentlicht worden sind, würde dies ein eigenes Buch erfordern. Wie konnten die Gefährten diese Belege ignoriert und Ali geschmäht und von den Kanzeln herab verfluchen, und wie konnten sie ihn bekämpfen und ermorden?

Ich versuche vergeblich, eine Rechtfertigung zu ersinnen, aber alles, worauf ich stoße, ist nichts anderes als die Liebe zum irdischen Leben und der Wettlauf darum oder Heuchelei, Abtrünnigkeit und Abkehr. Auch versuche ich, diese Verantwortung den unbedeutsamen Gefährten und einigen von den Heuchlern in die Schuhe zu schieben, doch zum großen Bedauern zählen die erwähnten Persönlichkeiten zu den größten, angesehensten und bekanntesten Gefährten. Der erste, der damit drohte, Alis Haus mit allen darin befindlichen Personen niederzubrennen, war Omar Ibn al-Khattab, und die ersten, die einen Krieg gegen Ali führten, waren Talha, al-Zubayr und Umm al-Mu‘minin Aischa Bint Abi Bakr, dann Muawiya und Amr Ibn al-As und viele andere mehr.

Meine Verwunderung ist in der Tat unendlich groß, worin mir jeder frei Denkende zustimmen wird, wenn ich daran denke, wie die Gelehrten der Ahl al-Sunna wa al-Jama‘a übereinstimmend sämtliche Sahaba für "untadelig" erklären und ihren Wohlgefallen an ihnen äußern und obendrein noch allesamt in den Segenswunsch mit einschließen. Dabei machen sie keine einzige Ausnahme, und manche von ihnen gehen sogar so weit, dass sie sagen: “Verfluche Yazid, aber dann ist Schluss".

Wer ist schon Yazid im Vergleich zu diesen Tragödien, die weder auf Glaube noch auf Verstand basieren? Ich fordere die Ahl al-Sunna wa al-Jama‘a auf, wenn sie wirklich der Sunna des Gesandten (s.) folgen, einmal jemanden für "untadelig" zu erklären, während der Qur'an und die Sunna seinen Frevel und seine Abkehr und seinen Unglauben belegen. Allahs Gesandter (s.) hatte gesagt:

“Wer Ali beleidigt, beleidigt mich. Und wer mich beleidigt, beleidigt Allah. Und wer Allah beleidigt, den wird Allah mit der Nase voran ins Höllenfeuer werfen." (Mustadrak al-Hakim, B. 3, S. 121; Khasa‘is von al-Nesa‘i, S. 24; Musnad al-Imam Ahmad, B. 6, S. 33; al-Manaqib von al-Khawarizmi, S. 81, ar-Riyad al-Nadira von al-Tabari, B. 2, S. 219, Tarikh von Suyuti, S. 73)

Dies ist die Strafe für denjenigen, der Ali beleidigt. Was erwartet jemanden, der ihn gar verflucht oder bekämpft. Wie stehen unsere Gelehrten zu all diesen Tatsachen, oder sind ihre Herzen versiegelt? Sprich: “O Herr, ich flüchte zu Dir vor den Verlockungen der Satane, und ich flüchte zu Dir, o Herr, wenn sie kommen."

 

2. Einige Sahaba veränderten sogar die Gebete

Anas Ibn Malik sagte: “Zur Zeit des Propheten (s.) kannte ich nichts, das besser war als das Gebet.” Er (ein anderer) sagte: “Habt ihr nicht bereits verloren, was es darin zu verlieren gab?” Az-Zuhri sagte: “Ich ging zu Anas Ibn Malik in Damaskus. Er war am Weinen, und ich sagte: ‚Was bringt dich zum Weinen?‘ Da sagte er: ‚Ich kannte nichts anderes als diese Gebete, und auch sie sind verloren gegangen.‘" (Sahih al-Bukhari, B. 1, S. 74)

Aber damit man nicht denkt, es seien die Tabi‘un gewesen, die die Änderungen nach den Unruhen und Kriegen vorgenommen hatten, möchte ich daran erinnern, dass der Erste, der die Sunna des Gesandten (s.) im Gebet veränderte, der Kalif der Muslime, Osman Ibn Affan, selbst war und ebenso die “Mutter der Gläubigen” Aischa. al-Bukhari und Muslim haben in ihren beiden Sahih-Werken festgehalten, dass Allahs Gesandter (s.) pflegte, in Mina zwei Gebetseinheiten zu verrichten. So tat es nach ihm Abu Bakr, und Omar tat es nach Abu Bakr, und Osman tat es einen Teil seines Kalifats. Danach betete Osman vier Einheiten. (Sahih al-Bukhari, B. 2, S. 154; Sahih Muslim, B. 1, S. 260)

Muslim schreibt in seinem Sahih, dass al-Zuhri sagte: "Ich sagte zu Urwa: ‚Was ist mit Aischa, dass sie das Gebet auf der Reise vollständig verrichtet?‘ Er sagte: ‚Sie hat ihre eigene Auffassung, so wie Osman seine eigene Auffassung hat.‘" (Sahih Muslim, B. 2, S. 143, Kap. "Das Gebet der Reisenden")

Auch Omar Ibn al-Khattab fand seine eigene Auffassung, indem er entgegen der klaren, prophetischen Tradition interpretierte und sogar entgegen den deutlichen Versen des weisen Qur'ans sein eigenes Urteil fällte. Wie zum Beispiel seine Aussage: “Zur Zeit des Gesandten Allahs gab es zwei Mut‘a (Zeitehen). Ich verbiete sie beide und bestrafe den, der sie praktiziert." Und er sagte zu dem, der rituell unrein (junub) geworden war und kein Wasser finden konnte, er solle nicht beten, obwohl Allah im heiligen Qur'an spricht:

"Und wenn ihr kein Wasser findet, so reinigt euch mit reinem Sand." (Sure al-Ma‘ida (5), Vers 6)

Al-Bukhari schreibt in seinem Sahih im Kapitel "Wenn der rituell Unreine um sich besorgt ist":

Er sagte: Ich hörte Shaqiq Ibn Salama, dass er sagte: Ich war bei Abdullah und Abu Mussa, und Abu Mussa sagte zu ihm: “Weißt du, o Abdurrahman, was jemand zu tun hat, der rituell unrein geworden ist und kein Wasser finden kann?” Da sagte Abdullah: “Er betet nicht, bis er Wasser findet.” Da sagte Abu Mussa: “Und was meinst du zu dem, was der Prophet (s.) zu Ammar sagte, als der ihn danach fragte?" Er sagte: "Du weißt doch, dass Omar sich davon nicht überzeugen ließ.” Abu Mussa sagte: “Vergessen wir Ammars Aussage. Aber was meinst du zu diesem Qur'an-Vers?” Fortan wusste Abdullah nicht mehr, was er sagen sollte, außer dass er sagte: “Wenn wir es ihnen erlauben würden, dann würden sie bald jedesmal, wenn ihnen das Wasser zu kalt erscheint, es meiden und sich statt dessen mit Sand reinigen!” Ich sagte zu Shaqiq: “Wahrlich, Abdullah wird dafür gehasst.” Er sagte: “Ja.” (Sahih al-Bukhari, B. 1, S. 54)

 

3. Einige Sahaba legen Zeugnis über sich selbst ab

Anas Ibn Malik überlieferte, dass Allahs Gesandter (s.) zu den Ansar sagte:

"Ihr werdet nach mir einen heftigen Aufruhr erleben. Also seid geduldig, bis ihr Allah und Seinen Gesandten am Becken (im Paradies) begegnet.” Anas sagte: "Aber wir waren nicht geduldig." (Sahih al-Bukhari, B. 2, S. 135)

Ala‘ Ibn al-Musayyib berichtete von seinem Vater:

"Ich traf al-Bara‘ Ibn Azib – möge Allah mit ihnen beiden zufrieden sein – und sagte zu ihm: Das Paradies ist dein. Du hast den Propheten gesehen und ihm unter dem Baum gehuldigt." Er sagte: "O Sohn meines Bruders, du weißt nicht, was wir nach ihm angestellt haben." (Sahih al-Bukhari, B. 3, S. 32, Kap. "Die Schlacht von Hudaybiyya")

Wenn dieser Sahabi, der zu den Ersten gehörte, die dem Propheten (s.) unter jenem Baum gehuldigt hatten, wofür Allah mit ihnen zufrieden war und mit einem baldigen Sieg belohnte, gegen sich selbst und seine Gefährten Zeugnis ablegt, dass sie nach dem Propheten (s.) Dinge angestellt haben, handelt es sich um die Erfüllung dessen, was er (s.) darüber prophezeit hatte, dass seine Gefährten nach ihm fehlgehen und auf ihren Fersen kehrt machen würden. Kann nun ein verständiger Mensch noch an der Aussage festhalten, die Sahaba seien allesamt und ohne jegliche Ausnahme untadelig gewesen, wie es die Ahl al-Sunna wa al-Jama‘a behauptet? Denn wer diese Meinung vertritt, widersetzt sich dem Verstand und den Überlieferungen und lässt dem Suchenden keine Maßstäbe, nach denen er sich richten kann, um zur Wahrheit zu gelangen.

 

4. Das Bekenntnis der beiden Scheichs über sich selbst

Al-Bukhari überliefert in seinem Sahih, im Kapitel über die Tugenden von Omar Ibn al-Khattab:

Als Omar attackiert worden war, und er begann, unter den Schmerzen zu leiden, sagte Ibn al-Abbas zu ihm, als wollte er ihn trösten: “O Anführer der Gläubigen, es war doch so, dass du Allah Gesandten (s.) begleitetest und ihm ein guter Gefährte warst. Dann verließ er dich, und er war mit dir zufrieden. Danach begleitetest du Abu Bakr und warst ihm ein guter Gefährte. Dann verließ er dich, und er war mit dir zufrieden. Danach begleitetest du die Muslime und warst ihnen ein guter Gefährte. Und falls du sie nun verlassen solltest, würdest du sie sicherlich zufrieden mit dir verlassen.” Er sagte: “Das, was du von Allahs Gesandtem (s.) erwähnt hast, so war er zufrieden mit mir. Es war dies Allahs Gunst, mit der Er mich beschenkte. Und das, was du von Abu Bakr erwähnt hast, so war er zufrieden mit mir. Es war dies Allah Gunst, mit der Er mich beschenkte. Aber das Bedauern, das du mir ansiehst, gilt dir und deinen Gefährten. Bei Allah, wenn mir das ganze Gold der Erde gehören würde, würde ich mich damit von Allahs Strafe freikaufen, bevor ich Ihm gegenübertrete.” (Sahih al-Bukhari, B. 2, S. 201)

Die historischen Aufzeichnungen haben daneben auch diesen seiner Aussprüche festgehalten:

Wäre ich doch das Schaf meiner Familie gewesen. Sie hätten mich ordentlich gemästet, und wenn ich fett genug gewesen wäre, hätten sie ihre Liebsten herbeigeholt, mich in Teilen gebraten und in Scheiben serviert. Dann hätten sie mich gegessen und danach entsorgt. Ich wünschte, ich wäre so und kein Mensch gewesen. (Minhaj al-Sunna von Ibn Taymiyya, B. 3, S. 131; Hilyat al-Auliya von Ibn Nu‘aym, B. 1, S. 52)

Eine ähnliche Äußerung hat die Geschichte auch von Abu Bakr festgehalten, die er machte, als er einen Vogel auf einem Baum sitzen sah:

"Das Paradies ist dein, o Vogel. Du frisst Früchte und lässt dich auf dem Bäumchen nieder. Es gibt keine Rechenschaft und keine Strafe für dich. Ich wäre so gern ein Baum am Wegesrand gewesen. Ein Kamel wäre vorbeigekommen, hätte mich aufgefressen und dann ausgeschieden. So wäre ich gern gewesen und kein Mensch." (Tarikh al-Tabari, S. 41; Ar-Riyad al-Nadira, B. 1, S. 143; Kanz al-Ummal, S. 361; Minhaj al-Sunna, Ibn Taymiyya, B. 3, S. 120)

Ein anderes Mal sagte er:

"Wehe meiner Mutter, hätte sie mich bloß nicht geboren! Und wäre ich doch ein Strohhalm in einem ungebrannten Ziegel gewesen!"

Dies sind nur einige Sätze, die ich als Beispiele angeführt habe.

Im Qur'an hingegen frohlockt Allah Seinen Dienern mit den Worten:

Wahrlich, Allahs Freunde haben keine Angst, und sie sind nicht traurig. Denen, die glauben und fromm sind, gilt die frohe Botschaft im Diesseits und im Jenseits. Es gibt keinen Ersatz für Allahs Worte, dies ist der große Erfolg. (Sure Yunus, Verse 62 – 64)

Zu jenen, die sagen: Unser Herr ist Allah, und dann aufrecht stehen, steigen die Engel hinab und sprechen zu ihnen: Habt keine Angst, seid nicht traurig und frohlockt mit dem Paradies, das euch versprochen worden ist. Wir sind eure Helfer im Diesseits und im Jenseits. Dort gibt es, was eure Gemüter begehren, und ihr habt dort, was ihr euch wünscht. Es wird von dem Vergebenden und Barmherzigen herabgesandt. (Sure Fussilat, Verse 30 – 32)

Wie kann es bloß sein, dass die beiden Scheichs, Abu Bakr und Omar, sich wünschen, keine Menschen gewesen zu sein, obgleich Allah die Menschen über alle übrigen Geschöpfe gestellt hat? Wenn schon ein gewöhnlicher Gläubiger, der aufrecht durchs Leben geht, von Engeln begleitet wird, die ihm einen Aufenthalt im Paradies verkünden, was ist dann erst mit den großen Sahâbis, die die edelsten Geschöpfe nach Allahs Gesandtem (s.) waren, wie wir gelernt haben? Doch statt dessen wünschen sie sich, Kamelexkremente oder Haare zu sein, auch wenn die Engel ihnen das Paradies verheißen, so wünschen sie sich dennoch, dass ihnen alles Gold der Erde gehören solle, damit sie sich damit von Gottes Strafe freikauften, bevor sie Ihm gegenüber stünden.

Allah spricht:

Und wenn jeder, der tyrannisch war, alles hätte, was es auf der Erde gibt, würde er sich damit loskaufen wollen. Sie empfinden dann insgeheim Bedauern, wenn sie die Strafe sehen. Und zwischen ihnen wird in Gerechtigkeit entschieden, und ihnen wird kein Unrecht angetan. (Sure Yunus, Vers 54)

Wenn diejenigen, die tyrannisch waren, alles hätten, was es auf der Erde gibt, und noch einmal so viel dazu, würden sie sich damit am Tag der Auferstehung von der schlimmen Strafe loskaufen wollen. Ihnen ist von Allah her kund geworden, womit sie nicht gerechnet hatten. Und ihnen sind die Untaten, die sie begangen hatten, kund geworden, und sie sind von dem erfasst, worüber sie sich lustig gemacht hatten. (Sure al-Zumar, Verse 47 u. 48)

Trotz allem hoffe ich von ganzem Herzen, dass diese Verse nicht auf so große Gefährten wie Abu Bakr al-Siddiq und Omar al-Faruq zutreffen.

Gewöhnlich beschäftige ich mich immer ziemlich lange mit derartigen Texten, und gehe dann zu noch provokanteren Passagen über, welche ihre Beziehung zum Gesandten (s.) beschreiben und was diese Beziehung an Nichtausführung seiner Befehle und Unterlassung seiner Forderungen in den letzten Augenblicken seines ehrwürdigen Lebens erleiden musste, was ihn erzürnte und veranlasste, allen Anwesenden zu gebieten, den Raum zu verlassen. Ich kann mir auch den Hergang der Ereignisse vor dem inneren Auge bildlich vorstellen, was nach dem Tode des Gesandten (s.) vorfiel, als seine Tochter Fatima (a.) Anschuldigungen, Unterdrückung und Verachtung ausgesetzt war, obgleich doch ihr Vater einst gesagt hatte:

“Fatima ist ein Teil von mir. Wer sie erzürnt, erzürnt mich.” (Sahih al-Bukhari, B. 2, S. 206, Kap. "Tugenden der Verwandten des Gesandten Allahs (s.)")

Da sagte Fatima (a.) zu Abu Bakr und Omar:

“Ich beschwöre euch bei Allah, Dem Erhabenen. Habt ihr beiden denn nicht gehört, wie Allahs Gesandter sagte: ‚Fatimas Wohlgefallen ist mein Wohlgefallen, und Fatimas Zorn ist mein Zorn. Wer meine Tochter Fatima liebt, liebt mich, und wer Fatima zufriedenstellt, stellt mich zufrieden. Wer Fatima erzürnt, erzürnt mich.‘” Die beiden sagten: “Ja, das haben wir von Allahs Gesandtem gehört.” Und sie sagte: “Somit bezeuge ich bei Allah, dass ihr beide mich erzürnt habt und mich nicht zufriedengestellt habt. Und wenn ich dem Propheten wieder begegne, werde ich mich bei ihm über euch beschweren!" (Al-Imama was-Siyasa, Ibn Qutayba, B. 1, S. 20; Fadak fit-Tarikh, S. 92)

Doch lassen wir nun diese herzzerreißende Überlieferung beiseite. Vielleicht war ja Ibn Qutayba, der einer der hervorragenden, sunnitischen Gelehrten in vielen Bereichen wie Qur'an-Exegese, Überlieferung, Linguistik, Grammatik und Geschichte war, ebenfalls ein verkappter Schi'it, wie einmal eine starrköpfige Person mir gegenüber behauptete, als ich ihr sein Buch Tarikh al-Khulafa zeigte. So lautet für gewöhnlich immer ihre Ausrede, derer sich auch einige Gelehrte bedienen, wenn sie in eine Sackgasse geraten. Deshalb halten sie al-Tabari für einen Schi'iten, genauso wie al-Nesai, der ein ganzes Buch über Imam Ali (a.) verfasste, so auch Ibn Qutayba, und sogar der zeitgenössische Taha Hussein soll Schi'it gewesen sein, als er sein Buch al-Fitna al-Kubra verfasste und den Hadith von Ghadir Khumm erwähnte und viele andere Wahrheiten bestätigte.

In Wahrheit jedoch waren sie niemals Schi'iten gewesen. Statt dessen hatten sie über die Schi'iten nur schändliches zu sagen, wenn sie über sie sprachen. Daneben verteidigten sie aufs Äußerste die Sahaba. Aber wer die Tugenden von Ali Ibn Abi Talib aufzählt und bestätigt, welche Fehler einige große Sahabis begingen, wird von uns angeklagt, Schi'it zu sein. Es genügt schon, im Beisein eines anderen bei der Erwähnung des Propheten zu sagen: “Allahs Segen auf ihm und seiner Familie” oder “Ali, der Friede sei mit ihm”, schon bekommt man zu hören: "Du bist Schi'it!"

Aus diesem Grund heraus sagte ich einmal zu einem unserer Gelehrten, als wir uns unterhielten:

“Was halten sie von al-Bukhari?

Er sagte: "Er zählt zu den Imamen der Überlieferung, und sein Werk ist das authentischste Buch nach dem Qur'an; darüber sind sich unsere Gelehrten einig."

Ich sagte zu ihm: "Er war aber ein Schi'it."

Da lachte er amüsiert und sagte: “Auf keinen Fall kann Imam al-Bukhari ein Schi'it gewesen sein!”

Ich sagte: "Haben Sie nicht gesagt, dass jeder, der sagt: ‚Ali, der Friede sei mit ihm (aleihissalam)‘, ein Schi'it sein muss?"

Er antwortete: "Sicher."

Daraufhin zeigte ich ihm und den mit ihm Anwesenden das Buch Sahih al-Bukhari, worin an zahlreichen Stellen zu lesen ist: “Ali, der Friede sei mit ihm”, “Fatima, der Friede sei mit ihr” oder “al-Hassan Ibn Ali, der Friede sei mit ihnen beiden” (Sahih al-Bukhari, B. 1, S. 127 u. 130, B. 2, S. 126 u. 205). Sodann war er verblüfft und wusste nicht, was er dazu sagen sollte.

Doch kommen wir auf die Überlieferung von Ibn Qutayba zurück, in der er behauptet, dass Fatima auf Abu Bakr und Omar wütend war. An dieser Überlieferung kann man noch zweifeln, wohingegen mir nicht gestattet ist, an Sahih al-Bukhari zu zweifeln, der bei uns als authentischstes Buch nach dem Qur'an angesehen wird. Wir haben uns selbst auferlegt, dass er so authentisch sei, also dürfen die Schi'iten darauf zurückgreifen und es gegen uns verwenden. Verständige Menschen sehen darin eine Art Gerechtigkeit.

Erwähnt doch al-Bukhari im Kapitel über die Tugenden der Verwandten des Propheten (s.), dass er sagte:

"Fatima ist ein Teil von mir. Wer sie erzürnt, erzürnt mich.”

So berichtet er im Kapitel über die Schlacht von Khaybar durch Aischa:

“Fatima, die Tochter des Propheten (s.), sandte zu Abu Bakr, um ihn um ihr Erbe von Allahs Gesandtem (s.) zu bitten. Abu Bakr jedoch weigerte sich, Fatima etwas davon herauszugeben. Daraufhin war Fatima auf Abu Bakr zornig. Deshalb mied sie ihn nunmehr und sprach nie wieder mit ihm, bis sie verstarb.” (Sahih al-Bukhari, B. 3, S. 39)

Das Resultat davon, welches al-Bukhari in Kurzform und Ibn Qutayba in gewisser Ausführlichkeit wiedergeben, ist ein und dasselbe, nämlich dass Allahs Gesandter (s.) erzürnt ist, wenn Fatima erzürnt ist, er zufrieden ist, wenn sie zufrieden ist, und dass sie aus dieser Welt schied, als sie immer noch zornig auf Abu Bakr und Omar war.

Wenn nun al-Bukhari diesbezüglich sagt, dass Fatima (a.) nie wieder ein Wort mit Abu Bakr sprach und verstarb, als sie immer noch zornig auf ihn war, bedeutet es dasselbe, wie nicht schwer zu erkennen ist.

Und wenn Fatima, die “Herrin aller Frauen der Welt”, wie al-Bukhari sie im Abschnitt “Man naja bayna yaday in-Nas” des Kapitels “Isti‘zan” bezeichnet, die einzige Frau dieser Gemeinde war, die durch Allah von jeglicher Unreinheit gereinigt und geläutert worden war, heißt das, dass ihr Zorn nicht unberechtigt gewesen sein kann und nur deshalb auch Allah und Sein Gesandter wie sie in Zorn geraten. Darum sagte Abu Bakr:

“Ich flüchte mich zu Allah vor Seinem Zorn und deinem Zorn, o Fatima."

Daraufhin weinte er bitterlich, worauf sie erwiderte:

“Bei Allah, ich werde dich in jedem Gebet, das ich verrichte, verwünschen."

Dann ging Abu Bakr weinend hinaus und sagte:

"Ich benötige eure Huldigung nicht. Macht meine Huldigung rückgängig!" (Tarikh al-Khulafa, bekannt als al-Imama was-Siyasa von Ibn Qutayba, B. 1, S. 20)

Darüber hinaus bestätigen viele von unseren Historikern und Gelehrten, dass Fatima (a.) wegen dieser Sache mit Abu Bakr zerstritten war und ihr Anspruch abgelehnt wurde, bis sie zornig aus dem Leben schied.

Die Muslime lesen über diese Ereignisse hinweg und wollen nicht über sie sprechen, um Abu Bakr zu schützen, wie sie es immer zu tun pflegen. Das Erstaunlichste jedoch, was ich zu diesem Thema bisher gelesen habe, war die Aussage mancher "Gelehrter", nachdem sie den Vorfall einigermaßen detailliert beschrieben hatten:

“Niemals hätte Fatima etwas für sich beansprucht, auf das sie keinen Anspruch hatte, und niemals hätte Abu Bakr ihr diesen Anspruch vorenthalten.”

Mit solch einer Leichtigkeit dachte sich dieser "Gelehrte", das Problem aus der Welt geschafft und alle Wahrheitssuchenden überzeugt zu haben. Dabei ist es doch so, als hätte er gesagt:

"Niemals könnte der Heilige Qur'an etwas anderes enthalten als die Wahrheit, und niemals hätten die Israeliten das Goldene Kalb angebetet."

Aber wir werden mit Gelehrten gestraft, die Dinge sagen, die sie selbst nicht begreifen, und an zwei sich widersprechende Dinge gleichzeitig glauben. Tatsächlich aber verhält es sich so, dass Fatima (a.) einen Anspruch geltend machen wollte, und Abu Bakr ihre Forderung abschmetterte. Sollte sie (a.) etwa eine Lügnerin gewesen sein? Gott behüte! Oder war es Abu Bakr, der ihr Unrecht antat? Es kann keine dritte Möglichkeit geben, obwohl sie sich viele Gelehrte herbeiwünschen.

Somit kann es logischerweise unmöglich sein, dass die Herrin aller Frauen (a.) gelogen haben könnte, da aus den Überlieferungen eindeutig hervorgeht, dass ihr Vater, Allahs Gesandter (s.), über sie gesagt hatte:

“Fatima ist ein Teil von mir. Wer sie kränkt, der kränkt mich.”

Es ist auch offensichtlich, dass jemand, der lügt, solch eine Aussage vom Gesandten (s.) nicht verdient hätte. Dieser Hadith an sich jedoch beweist ihre Reinheit von jeglicher Lüge und anderem Frevel. Ebenso beweist auch der Vers über die Läuterung (33:33) ihre Unfehlbarkeit, zumal er in Bezug auf sie, ihren Ehemann Ali und die beiden Söhne Hassan und Hussein offenbart wurde, wie sogar Aischa bezeugt. (Sahih Muslim, B. 7, S. 121 u. 130)

Nach alledem bleibt uns nichts anderes übrig, als einzugestehen, dass Fatima Unrecht angetan wurde, und die Behauptung, sie habe gelogen, nicht mehr ist, als eine Rechtfertigung für jene, die ihr Haus in Brand stecken wollten, falls die darin Befindlichen nicht herauskämen, um den Treueid zu leisten. (Tarikh al-Khulafa, B. 1, S. 20)

Wegen all diesen Dingen gewährte sie (a.) Abu Bakr und Omar keinen Einlass, als sie an ihre Tür kamen, und als Ali (a.) die beiden hereinließ, wandte sie sich ab und schaute sie nicht einmal an. (Tarikh al-Khulafa, B. 1, S. 20)

Kurze Zeit später verstarb sie und wurde entsprechend ihrem Willen nächtlich beigesetzt, ohne dass einer von ihnen daran teilnehmen durfte (Sahih al-Bukhari, B. 3, S. 39). Danach blieb der Ort ihres Grabes unbekannt bis zum heutigen Tage. Und gerade deshalb wundere ich mich, warum unsere Gelehrten diese Tatsache verschweigen und nicht nur die Suche nach der Wahrheit sondern auch schon die Erwähnung vermeiden, damit sie uns weismachen können, die Gefährten des Propheten (s.) seien allesamt wie Engel gewesen, die weder Fehler noch Sünde begehen. Sollte man dann doch noch einen von ihnen fragen wollen, wie der Kalif der Muslime, Osman Ibn Affan Zul Nurain getötet worden sei, bekommt man zur Antwort, die ungläubigen Ägypter seien gekommen, um ihn zu töten. Somit wäre das gesamte Thema in ein bis zwei Sätzen abgeschlossen.

Wenn man aber Gelegenheit findet zu forschen und die Geschichte zu lesen, stellt man bald fest, dass Osmans Mörder in erster Linie die Gefährten selbst waren, insbesondere Umm al-Mu‘minin Aischa, die zu seiner Ermordung öffentlich und in Anwesenheit von Zeugen aufforderte, indem sie rief:

"Tötet Na‘thal, denn er ist ungläubig!" (Tarikh al-Tabari, B. 4, S. 407; Tarikh Ibn al-Athir, B. 3, S. 206; Lisan al-Arab, B. 14, S. 193; Taj al-Arus, B. 8, S. 141; al-Aqd al-Farid, B. 4, S. 290)

Dabei entdecken wir auch, dass Talha, al-Zubayr und Muhammad Ibn Abi Bakr (der Sohn des Abu Bakr), die alle bekannte Sahaba waren, Osman belagerten und ihm die Wasserzufuhr abschnitten, um ihn zum Rücktritt zu zwingen. Die Historiker berichten uns auch, dass es die Gefährten waren, die seine Beerdigung auf einem muslimischen Friedhof verhinderten, weshalb er in Hash Kaukab ohne Totenwaschung und Leichentuch beerdigt wurde.

Gepriesen sei Allah! Warum sagt man uns, er sei zu Unrecht ermordet worden und seine Mörder seien keine Muslime gewesen? In diesem Fall verhält es sich wie bei Fatima und Abu Bakr. Entweder war Osman der Unterdrückte, und wir verurteilen die Sahaba, die ihn töteten oder an seiner Ermordung beteiligt waren indem wir sagen, sie seien Verbrecher und Mörder, das sie den Kalifen der Muslime zu Unrecht und aus Feindseligkeit umbrachten, seine Beerdigung mit Steinen bewarfen und ihn im Leben und nach dem Tode verachteten. Oder wir sehen ein, dass die Gefährten Osmans Tötung für angemessen hielten wegen der von ihm begangenen Untaten, die mit dem Islam unvereinbar waren, wie wir es in den Geschichtsbüchern erfahren.

Es gibt einfach keine andere Erklärung, außer wir glauben den historischen Aufzeichnungen kein Wort und halten uns statt dessen an den Trugschluss, "die Ägypter, die Ungläubige waren, seien seine Mörder". Doch in beiderlei Aussagen steckt Widersprüchliches zu der Behauptung, sämtliche Gefährten seien ausnahmslos untadelig gewesen. Entweder war Osman nicht untadelig, oder seine Mörder waren es nicht – in beiden Fällen widerlegt es diese Behauptung, denn alle von ihnen waren Gefährten. Demnach bleibt nur noch die Auslegung der Schi'iten, welche meinen, dass einige Gefährten untadelig gewesen seien und andere nicht.

Nun hinterfragen wir den Kamelkrieg, der von der Mutter der Gläubigen, Aischa, angezettelt und von ihr persönlich angeführt wurde. Wie konnte Umm al-Mu‘minin Aischa ihr Haus verlassen, obwohl Gott ihr befohlen hatte, darin zu bleiben, als Er zu allen Frauen des Propheten (s.) sprach:

Und bleibt in euren Häusern ... (Sure al-Ahzab (33), Vers 33)

Fragen wir sie einmal, mit welchem Recht sie die Bekämpfung des Kalifen der Muslime, Ali Ibn Abi Talib, veranlassen konnte, obgleich er der Gebieter aller Gläubigen war. Wie nicht anders erwartet und mit aller Leichtigkeit antworten uns unsere Gelehrten, dass sie Ali nicht leiden mochte, weil er angeblich Allahs Gesandtem (s.) geraten hatte, sich von ihr scheiden zu lassen. Damit möchte man uns glauben machen und überzeugen, dass dieses Ereignis – falls es überhaupt wahr ist -, nämlich Alis Ratschlag an den Propheten (s.), sich von ihr scheiden zu lassen, ausreichend gewesen sei, sich dem Befehl Gottes zu widersetzen und den Schleier abzunehmen, den ihr Allahs Gesandter (s.) aufgesetzt hatte, um dann auf einem Kamel zu reiten, obwohl er (s.) ihr verboten hatte, es zu besteigen, und sie gewarnt hatte, dass die Hunde von al-Hau‘ab (Al-Imama was-Siyasa) sie anbellen würden. Dass es ein Grund für sie gewesen sei, damit sie die weite Strecke von Medina nach Mekka und von dort bis nach al-Basra ziehe, um dort die Ermordung von Unschuldigen und Bekämpfung des Fürsten der Gläubigen und der Gefährten, die ihm gehuldigt hatten, zu erlauben und Verantwortung für den gewaltsamen Tod von Tausenden Muslimen zu übernehmen, wie uns die Historiker berichten (At-Tabari, Ibn al-Athir, al-Mada‘ini u.a. Historiker, welche die Ereignisse des Jahres 36 n.d.H. aufzeichneten). All dies nur, weil sie Imam Ali nicht leiden konnte, weil er den Hinweis auf ihre Scheidung gab, und der Prophet (s.) sich trotzdem nicht von ihr scheiden ließ? Woher rührte all dieser Hass und ihre von Feindschaft zeugenden Verhaltensweisen gegenüber Ali (a.), die von den Historikern festgehalten wurden und die man nicht recht deuten kann?

Als sie sich auf dem Rückweg von der Pilgerfahrt in Mekka nach Medina befand und man sie darüber informierte, dass Osman ermordet worden sei, freute sie sich riesig, doch als sie erfuhr, dass die Muslime Ali (a.) gehuldigt hätten, wurde sie zornig und sagte:

“Ich wünschte, der Himmel stürzte auf die Erde, bevor Ali Ibn Abi Talib herrsche!”

Und sie sagte: "Bringt mich zurück!" Dann begann sie, das Feuer der Zwietracht anzuzünden, um den Aufstand gegen Ali anzuzetteln, dessen Namen zu erwähnen sie nicht gewillt war, wie die Historiker berichten. Hatte die Mutter der Gläubigen nicht den Gesandten (s.) sagen gehört, dass die Liebe zu Ali Glauben bedeute und der Hass auf ihn Heuchelei? (Sahih Muslim, B. 1, S. 48)  Dass sogar einige Gefährten zu sagen pflegten:

“Wir erkannten die Heuchler an ihrem Hass auf Ali.”

Oder hatte sie den Propheten (s.) nicht sagen gehört:

"Wessen Gebieter ich bin, dessen Gebieter ist auch Ali...”

Ohne Zweifel hatte sie all dies vernommen, aber sie mochte ihn nicht und erwähnte seinen Namen nicht gern sondern warf sich dankend vor Gott nieder, als sie von seinem Tod erfuhr! (Al-Tabari, Ibn al-Athir, al-Mada‘ini u.a. Historiker, welche die Geschehnisse von 46 n.d.H. festhielten)

Aber lassen wir all das. Ich möchte mich nicht zu eindringlich mit der Geschichte von Umm al-Mu‘minin Aischa befassen sondern beweisen, dass es viele Gefährten gab, die den Prinzipien des Islam zuwider handelten und sich den Befehlen des Gesandten Allahs (s.) widersetzten. Als ein Beweis dient mir Aischas Zwietracht, den sämtliche Historiker belegen und berichten, dass "Aischa, als sie an das Gewässer al-Hau‘ab gelangte, und die Hunde sie anbellten, sich daran erinnerte, wie ihr Mann, der Gesandte Allahs (s.), sie gewarnt und ihr verboten hatte, diejenige zu sein, die das Kamel reiten würde. Dann weinte sie und sagte: ‚Bringt mich zurück! Bringt mich zurück!‘"

Doch Talha und al-Zubayr warteten mit fünfzig Männern auf, die einen Eid ablegten, bei dem sie bei Allah schworen, dass dies nicht das Gewässer al-Hau‘ab sei. Danach setzte sie ihre Reise nach al-Basra fort. Die Historiker berichten, dies sei der erste Meineid in der islamischen Geschichte gewesen. (Al-Tabari, Ibn al-Athir, al-Mada‘ini u.a. Historiker, welche über das Jahr 36 n.d.H. berichteten.)

Gibt es eine Lösung für dieses Rätsel, so führt sie uns bitte vor, o Muslime mit Verstand! Sind das die ehrwürdigen Gefährten, die wir als "untadelig" beurteilen und als die besten Geschöpfe nach Allahs Gesandtem (s.) betrachten? Sie schwören einen Meineid, was Allahs Gesandter (s.) als eine der großen Sünden bezeichnete, deren Lohn das Höllenfeuer ist!

Die gleiche Frage wiederholt sich immer wieder: Wer von ihnen war im Recht und wer im Unrecht? Sollten Ali (a.) und seine Gefährten Unterdrücker und im Unrecht gewesen sein, oder sollten Aischa, Talha und al-Zubayr und ihre Gefährten Unterdrücker gewesen sein und im Unrecht? Daneben existiert keine dritte Möglichkeit. Der vernünftige Suchende wird nichts anderes sehen als die Rechtmäßigkeit von Ali (a.), der, wohin auch immer er sich wendet, das Recht mit ihm ist. Der vernünftige Suchende wird sehen, dass die Zwietracht durch die "Mutter der Gläubigen" Aischa und ihrer Anhänger abzulehnen ist, da sie dieses Unheil entfachten und nicht beendeten, bis es seine deutlichen Spuren bis zum heutigen Tage hinterlassen hatte.

Um noch sicherer zu sein, führe ich hier an, was al-Bukhari in seinem Sahih sagt im Abschnitt "die Zwietracht, die ihre Wellen schlägt wie die Wellen des Ozeans" des Kapitels al-Fitan:

Als Talha und al-Zubayr und Aischa nach al-Basra zogen, entsandte Ali Ammar Ibn Yasir und al-Hassan Ibn Ali. Als sie bei uns in al-Kufa anlangten, bestiegen sie die Kanzel. Al-Hassan Ibn Ali war ganz oben auf der Kanzel, und Ammar Ibn Yasir stand tiefer als al-Hassan. Dann versammelten wir uns vor ihm, und ich hörte Ammar sagen: “Wahrlich, Aischa ist nach al-Basra gezogen, und bei Allah, sie ist die Frau eures Propheten (s.) im Diesseits und im Jenseits, aber Allah, Der Segensreiche und Erhabene, will euch prüfen, um zu sehen, ob ihr Ihm gehorcht oder ihr!” (Sahih al-Bukhari, B. 4, S. 161)

So schreibt al-Bukhari ebenfalls im Abschnitt “Was über die Häuser der Frauen des Propheten (s.) gesagt wurde" des Kapitels al-Shurut:

Der Prophet (s.) zeigte während einer Predigt in die Richtung des Hauses von Aischa und sprach: "Dort ist die Zwietracht, dort ist die Zwietracht, dort ist die Zwietracht, von wo das Horn des Satans aufsteigt!" (Sahih al-Bukhari, B. 2, S. 128)

An anderer Stelle in seinem Sahih sagt al-Bukhari seltsame und merkwürdige Dinge über Aischas schlechtes Benehmen gegenüber dem Propheten (s.), weswegen ihr Vater sie sogar schlug, so dass sie blutete. Er berichtet auch über ihr Aufbegehren entgegen dem Propheten (s.), in einem Maße, dass Allah sie warnte, die Ehe aufzulösen und an ihre Stelle eine bessere Frau zu stellen. Aber dies ist eine andere Geschichte, deren Erklärung hier zu lange dauern dürfte.

Nach alledem fragen wir uns, weshalb Aischa all diesen Respekt und die Wertschätzung von der Ahl al-Sunna wa al-Jama‘a verliehen bekommt. Weil sie die Frau des Propheten (s.) war? Er hatte mehrere Frauen, unter denen sich auch welche befanden, die besser waren als Aischa, wie uns der Prophet (s.) selbst verdeutlichte. (Sahih al-Tirmizi; al-Isti‘ab, Biographie von Safiyya; al-Issaba, Biographie von Umm al-Mu‘minin Safiyya)

Oder lediglich weil sie die Tochter von Abu Bakr war? Oder gar weil sie eine große Rolle in dem Szenario spielte, welches Ali (a.) von der Nachfolge des Propheten (s.) abhalten sollte, indem sie jedesmal, wenn man sie damit konfrontierte, dass der Prophet (s.) seinen Letzten Willen zugunsten Alis verfasst hatte, behauptete:

"Wer sagt das? Ich sah den Propheten (s.) als Letzte. Er ruhte auf meiner Brust, als er nach einem Gefäß verlangte. Sobald ich mich danach bückte, verstarb er, ohne dass ich etwas bemerkte. Wie soll er dabei seinen Letzten Willen Ali gewidmet haben?” (Sahih al-Bukhari, B. 3, S. 68, Kap. "Krankheit und Tod des Propheten (s.)")

Oder weil sie einen sinnlosen Krieg gegen ihn führte und nach ihm gegen seine Kinder, wobei sie sich sogar der Beerdigung von Hassan in den Weg stellte, um zu verhindern, dass er neben seinem Großvater, dem Gesandten Allahs (s.), beigesetzt werde, indem sie sagte:

"Bringt niemanden in mein Haus, den ich nicht leiden kann!"

Womöglich hatte sie vergessen oder ignoriert, was der Gesandte (s.) über ihn und seinen Bruder einst gesagt hatte:

"Hassan und Hussein sind die Herren der Jugend im Paradies."

“Allah liebt denjenigen, der Hassan und Hussein liebt, und Allah hasst denjenigen, der sie hasst.”

"Ich bin der Krieg gegen die, die euch bekriegen, und der Frieden sei mit denen, die euch friedlich gesonnen sind."

Ähnliches mehr existiert in Mengen, doch soll es an dieser Stelle nicht erwähnt werden. Hassan und Hussein (a.) waren die Blumen des Gesandten (s.) in dieser Gemeinde.

Natürlich hatte Aischa noch mehr davon über Ali (a.) gehört, doch trotzdem und entgegen der Warnung des Propheten (s.) blieb sie stur und bestand darauf, ihn zu bekämpfen, die Menschen gegen ihn aufzuhetzen und seine Tugenden und Vorzüge in Frage zu stellen. Aufgrund dessen verehrten sie die Omayyaden und verliehen ihr diese hohe Position, die alles andere in den Schatten stellt. Sie erzählten so viel über ihre Tugenden, dass es Bände füllen würde, und sorgten für deren Verbreitung in alle Lande. Dann ernannten sie sie zur obersten Autorität in der islamischen Gemeinde, weil sich "bei ihr allein die Hälfte der Religion" befände!

Die zweite Hälfte der Religion dichteten sie anscheinend Abu Hurayra an, der ihnen stets erzählte, was sie hören wollten, weshalb sie eigens für ihn einen Palast erbauten und ihn zum Emir über Medina ernannten, nachdem er mittellos gewesen war. Obendrein tauften sie ihn Rawiyat al-Islam – Überlieferer des Islam. Nach alledem war es den Omayyaden ein Leichtes, eine eigene, neue Religion zu haben, die nichts mit dem Qur'an und den Traditionen des Gesandten (s.) zu tun hatte bis auf das, was ihnen selbst nützte und ihre Macht stärkte. Selbstverständlich bestand diese Religion aus Spielereien und Spott und war angefüllt mit unzähligen Widersprüchen und Verfälschungen. Darum wurden die Wahrheiten ausgelöscht und an ihre Stelle dunkle Schleier gesetzt. Dann zwangen sie diese den Menschen auf oder animierten sie dazu, sie zu akzeptieren, bis dass Gottes Religion für sie nur noch eine von vielen Lächerlichkeiten wurde, der man keine ernsthafte Beachtung schenkte, und sie sich vor Gott nicht mehr so sehr fürchteten wie sie sich vor Muawiya fürchteten.

Wenn wir einige unserer Gelehrten zu Muawiyas Krieg gegen Ali (a.) befragen, den er führte, obwohl die Muhajirun und die Ansar Ali (a.) gehuldigt hatten, jenem grausamen Krieg, der zur Aufspaltung der Muslime in Sunna und Schia führte und somit zur Spaltung des Islam, die bis zum heutigen Tage anhält, antworten sie uns in gewohnter Leichtfertigkeit:

“Ali und Muawiya waren beide achtbare Gefährten, die den Ijtihad1 praktizierten. Ali war dabei erfolgreich und erhält dafür zwei Belohnungen von Allah, wohingegen Muawiya lediglich eine Belohnung erhalten wird, da er mit seinem Ijtihad falsch lag. Wir haben kein Recht, über sie ein Urteil zu fällen, denn Allah, Der Erhabene spricht:

Dies ist eine Gemeinde, die der Vergangenheit angehört. Ihr kommt zu, was sie dereinst begangen hat, und euch kommt zu, was ihr begangen habt, und über das, was sie getan haben, werdet ihr dereinst nicht zur Rechenschaft gezogen." (Sure al-Baqara (2), Vers 134)

Derartig fallen – leider – ihre Antworten aus, obwohl es sich dabei um Unsinn handelt, der weder vom Verstand noch vom Glauben angenommen und von keinem religiösen Gesetz gefestigt wird. Großer Gott, ich sage mich los von sinnlosen Ansichten und absurden Wünschen und flüchte mich zu Dir vor allen Verlockungen des Satans!

(1Ijtihad = Selbstständige Meinungsfindung im Falle von Mangel an eindeutigen Anweisungen des Qur'ans oder der prophetischen Traditionen [Anm. d. Übers.])

Wie kann ein gesunder Verstand urteilen, Muawiya habe Ijtihad praktiziert, und ihm Belohnung zusprechen für seinen Krieg gegen Muslime, bei dem unschuldige Gläubige getötet wurden, und für seine anderen Verbrechen und Sünden, die von niemandem gezählt werden können außer von Allah? So erlangte er auch bei den Historikern seine Berühmtheit, da er seine Widersacher ermorden ließ oder sich ihrer entledigte, indem er ihnen vergifteten Honig verabreichen ließ und danach zu sagen pflegte: “Wahrlich, Allah besitzt Soldaten aus Honig!"

Wie können diese Menschen urteilen, er habe Ijtihad praktiziert, und ihm eine Belohnung zusprechen, obwohl er der Anführer der "aufrührerischen Bande" war? In einem bekannten Hadith, den sämtliche Hadith-Gelehrte anführen, heißt es:

"Wie schade um Ammar! Die aufrührerische Bande wird ihn töten!”

Die ihn töteten, waren Muawiya und seine Anhänger.

Wie können sie urteilen, er habe Ijtihad praktiziert, als er Hijr Ibn Adi und seine Gefährten kaltblütig ermordete und in Marj Azra in der Wüste Syriens begrub, weil sie sich geweigert hatten, Ali Ibn Abi Talib (a.) zu beleidigen?

Wie können sie ihn als "untadeligen" Sahabi bezeichnen, obwohl er Hassan Ibn Ali (a.) vergiften ließ?

Wie können sie ihn von jeglicher Schuld freisprechen, obgleich er die islamische Gemeinde mit Gewalt dazu brachte, zuerst ihm zu huldigen und nach ihm seinem verdorbenen Sohn Yazid, dem Frevler, wodurch er das Schura-System in eine kaiserliche Monarchie umwandelte?

Wie können sie urteilen, er habe Ijtihad praktiziert, als er die Muslime dazu nötigte, Ali (a.) und seine Angehörigen von der Ahl-ul-Bayt, die Nachkommen des auserwählten Propheten (s.), von den Kanzeln herab zu verfluchen und Gefährten tötete, die sich weigerten, dies zu tun, nachdem dieses Verfluchen zu einer regulären Tradition erklärt worden war, mit der die Alten älter wurden und die Jungen aufwuchsen? Es gibt keine Macht und Kraft außer bei Allah, Dem Hohen und Mächtigen!

Die Frage wiederholt sich immer wieder von Neuem: Welche der beiden Parteien befand sich im Recht und welche im Unrecht? Also waren entweder Ali und die Schi'iten Tyrannen oder Muawiya und seine Anhänger. Allahs Gesandter (s.) hatte jedoch bereits alles verdeutlicht. Doch in beiden Fällen stellt sich der Gedanke, alle Gefährten seien untadelig gewesen, als Absurdität heraus, die mit reiner Logik nicht einhergeht.

Für all diese Themen gibt es viele Beispiele, deren Anzahl allein Gott zu erfassen vermag. Wenn ich hierbei ins Detail gehen wollte, würde ich dafür mehrere Bände benötigen. Ich bevorzuge es jedoch, mich kurz zu fassen, und beschränke mich deshalb auf einige wenige Beispiele, die – Gott sei Dank – ausreichend sind, die Behauptungen meiner Leute zu widerlegen, die meinen Verstand lange Zeit eingefroren hatten und mich daran hinderten, die Aussagen des Gesandten (s.) zu begreifen und historische Ereignisse mit der Waagschale des Verstandes und den Richtlinien der islamischen Gesetze, die uns der heilige Qur'an und die edle, prophetische Sunna gelehrt haben, zu analysieren.

Darum rebelliere ich gegen mich selbst und stoße all den staubigen Fanatismus von mir, mit dem man mich eingewickelt hatte, und befreie mich von den Fesseln, mit denen man mich über zwanzig Jahre gefangen hielt. Deshalb sage ich heutzutage: "Wenn meine Leute doch wüssten, welche Gnade mein Herr mir erwiesen hat! Wenn mein Leute nur die Welt entdeckten, die sie nicht kennen und dennoch bekämpfen!"